Die Russen verpassten ihm alsbald einen eigenen Namen: Schdun. Ein Kunstwort, dass sich vom Verb „Warten“ ableitet, auf Deutsch also so etwas wie Wartix oder Ausharry. An Schdun kommt an diesen Tagen niemand vorbei, der im Ru-Net unterwegs ist: Schdun im Logo der Russischen Post, Schdun bei einer Regierungssitzung, mit russischen Revolutionären, auf dem Sockel von Peter dem Großen in St. Petersburg. Die Moscow Times führte sogar ein „Interview“ mit ihm. Was ist da los?
Der Politologe Dmitrij Trawin veröffentlichte in der Tageszeitung „Wedomosti“ einen langen Meinungsartikel, in dem er sich einen Reim auf das Phänomen zu machen versucht. Trawin schreibt, Schdun sei ein „nationales Symbol“ und Ausdruck einer Zeit der Stagnation ohne politische, zivilgesellschaftliche oder wirtschaftliche Bewegung, wobei Konservative, Liberale und Junge jeweils etwas Anderes in der Figur sähen.
Der Oppositionspolitiker Wladimir Ryschkow stieß auf „Echo Moskwy“ ins selbe Horn. Schdun sei „Ausdruck einer Epoche“ und das „neue Gesicht Russlands“.
Aber vielleicht verraten solche Deutungen ja mehr über die Überzeugungen ihrer Protagonisten als über einen spaßigen Internetmeme, in den man womöglich zu viel hineininterpretiert. Oder haben die Russen sich und ihr Land tatsächlich wiedererkannt in einer Skulptur aus Holland? Schdun würde statt einer Antwort nur mit seinen großen, arglosen Augen in die Gegend schauen und wie immer gutmütig und leicht überfordert wirken. Am liebsten möchte man ihn endlich einmal in den Arm nehmen und selbst aufmuntern. Aber auch das kann ein Missverständnis sein. Für Trawin ist Schdun ein Optimist: „Er gibt die Hoffnung nicht auf. Und wartet.“
Quelle:mdz-moskau
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