Warum fast alle Fußballprofis Schmerzmittel nehmen

  03 März 2017    Gelesen: 1418
Warum fast alle Fußballprofis Schmerzmittel nehmen
Überraschend offene Worte eines Bundesliga-Trainers: Frankfurts Coach Niko Kovac hält Profifußball ohne den Einsatz von Schmerzmitteln für unmöglich. Studien zeigen, dass der Einsatz der Medikamente weitverbreitet ist.
Die Belastungen für Profi-Fußballer sind offenbar ohne Medikamente nicht zu stemmen. Das behauptet zumindest Eintracht Frankfurts Trainer Niko Kovac: "Im Fußball geht es ohne Schmerzmittel nicht", sagte der 45-Jährige der "Bild"-Zeitung: Diejenigen, die das denken würden, seien "auf dem Holzweg": "Die Profis verlangen ihrem Körper wirklich sehr viel ab."

Schmerzmittel sind im Fußball weitverbreitet, auch aufgrund ihrer entzündungshemmenden Wirkung. Einer Studie des Fußball-Weltverbands Fifa zufolge hatten bei der WM 2010 in Südafrika 39 Prozent aller Aktiven vor Spielen Schmerzmittel eingenommen. Frühere Studien hatten ergeben, dass bei den Weltmeisterschaften 2002 und 2006 mehr als die Hälfte aller Spieler mindestens ein Mal unter Schmerzmitteln gespielt hat.

Verboten ist der Einsatz von Schmerzmitteln nicht, die Medikamente stehen nicht auf der Dopingliste. Mediziner warnen jedoch schon seit Längerem vor den Nebenwirkungen des übermäßigen Gebrauchs. "Fußballer verlieren während des Spiels über drei Liter Wasser. Dadurch steigt das Risiko schädigender Effekte der Tabletten erheblich an", sagte Arno Lison, bis April 2009 Ärztlicher Direktor am Klinikum Bremen-Mitte, einmal dem SPIEGEL.

"Pillen wie Bonbons"

Vor allem Leber-, Nieren- oder Magenbeschwerden können bei übermäßigem Einsatz von Schmerzmitteln auftreten. Im Leistungssport gibt es laut Lison einen permanenten Schädigungsprozess, "weil zum Beispiel die Fußballer die Schmerzmittel schon prophylaktisch schlucken: vor dem Spiel, in der Pause, nach dem Spiel. Ein Profi hat mir erzählt, sie würden die Pillen wie Bonbons einnehmen".

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) warnt vor dem Einsatz der Medikamente im Fußball: "Viele Sportler versuchen, anfallende Erholungszeiten durch Medikamente zu beschleunigen, wenn nicht sogar zu umgehen. Die Motivationslage ist verständlich - sie wollen weiterhin 'am Ball' bleiben - doch die Auswirkungen dürfen nicht unterschätzt werden", schreibt der DFB in einem Ratgeber für Trainer auf seiner Internetseite.

"Manche Spieler nehmen entzündungshemmende Medikamente sogar, um eventuell auftretenden Schmerzen vorzubeugen. Die möglichen Nebenwirkungen sind dabei meist nicht bekannt oder werden leichtsinnig ignoriert", heißt es in dem Ratgeber weiter: "Da belastete Strukturen weiterhin beansprucht werden, anstatt sie sinnvollerweise zu schonen, wird die Verletzung oftmals verschlimmert und die damit einhergehende Regenerationszeit nimmt zu."

Über den Einsatz der Schmerzmittel wird in der Branche selten geredet. Nur ab und zu erzählen Profis davon, dank medikamentöser Hilfe fit für wichtige Spiele gemacht worden zu sein, Schalkes Max Meyer zum Beispiel. Oder Jermaine Jones, der 2009 nach einem Ermüdungsbruch und Entzündungen im rechten Schienbein monatelang Schmerztabletten schluckte: "Vor jedem Training eine, an den Spieltagen zwei –und manchmal auch mehr." Umso erstaunlicher sind Kovacs offene Aussagen.

Quelle : spiegel.de

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