Aufmarsch gegen Nordkorea: Den Sack Nordkorea schlagen, um den Esel China zu treffen (II)

  24 April 2017    Gelesen: 1619
Aufmarsch gegen Nordkorea: Den Sack Nordkorea schlagen, um den Esel China zu treffen (II)
Für US-Kriegstreiber ist ein Krieg mit China früher oder später unausweichlich. Manche wollen ihn lieber früher. Werden derzeit in Korea die Weichen zum Dritten Weltkrieg gestellt?
von Rainer Rupp

Nordkorea hat den so genannten Nichtweiterverbreitungsvertrag nicht unterschrieben. Sein ziviles und militärisches Nuklearprogramm unterliegt somit keinerlei völkerrechtlich verpflichtenden Einschränkungen. Und spätestens seit dem in keiner Weise provozierten Überfall Frankreichs, Großbritanniens und der USA auf Libyen im Jahr 2011 setzt Nordkorea noch mehr als zuvor auf den Ausbau seines Nuklearwaffenarsenals, das es im Fall eines US-Angriffs als "Weapon Of Last Resort", also als letztes Verteidigungsmittel einsetzen würde.

Der libysche Staatschef Oberst Gaddafi hatte 2003 zwecks Wiederherstellung guter Beziehungen mit dem Westen militärisch abgerüstet und seine Programme zu Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen eingestellt. Für diese Selbstentmachtung wurde Gaddafi seinerzeit von den Führern der westlichen Staaten persönlich in höchsten Tönen gelobt. Von den USA bekam er sogar ein Nichtangriffsversprechen.

Nachdem 2011 die USA ihr Versprechen auf niederträchtigste Weise mit verheerenden Luftangriffen und einem mörderischen Regimewechsel in Libyen bedient hatten, hatte Nordkorea unter Verweis auf das Schicksal Libyens erklärt, es werde sich "niemals von noch so süßen Versprechungen der USA hinters Licht führen" lassen. Und an dieser Haltung dürfte sich seither nichts geändert haben.

Wollen die USA mit dem Aufmarsch in Südkorea nun den Norden womöglich mit Gewalt zur Aufgabe seiner Atomwaffen zwingen? Oder ist Nordkorea nur der Sack, auf den Washington propagandistisch einschlägt, aber militärisch den Esel China meint?

US-Strategen: "China nicht noch stärker werden lassen"

Seit Jahren kommt jede Asien-Studie des Pentagon zum Schluss, dass ein Krieg mit China unausweichlich ist. Jene US-Politiker und US-Denkfabriken, die finanziell am Tropf des rüstungsindustriellen Komplexes hängen, und deren gibt es nicht wenige, gehen ebenfalls davon aus, dass es früher oder später zu einem militärischen Zusammenstoß mit der aufsteigenden chinesischen Supermacht kommen muss. Nicht wenige plädieren dafür, dass das lieber früher geschehen sollte als später, wenn China noch stärker ist als jetzt. Und auf dem Weg zu diesem Ziel wäre es außerordentlich hilfreich, wenn Nordkorea vorher aus dem Weg geräumt würde.

Bisher hat Peking Nordkorea als nicht feindlich gesinnten Pufferstaat zwischen dem US-besetzten Südkorea geschätzt und beschützt. Eine "Wiedervereinigung" Koreas unter Führung des US-dominierten Südens brächte dagegen US-Truppen an die Grenzen Chinas. Das würde Washington auch ohne direkten Krieg mit China die Möglichkeit gäbe, den militärischen Druck auf Peking zu erhöhen, um politische Zugeständnisse zu erzwingen.

Allerdings ist die westliche Öffentlichkeit noch nicht ausreichend propagandistisch darauf vorbereitet, dass man offen die Kriegstrommeln gegen China rühren könnte. Auch gibt es noch zu viele Kapitalinteressen in den USA, die lieber weiter friedlich mit China Geschäfte machen, statt Krieg zu führen. Über den Umweg der Argumentationshilfe, dass man Nordkorea "in die Arme fallen" müsse, um die angeblich verrückte, selbstmörderische Führung davon abzuhalten, die freie Welt mit Atomkrieg zu bedrohen, hat die Washingtoner Kriegsfraktion jedoch die Möglichkeit, indirekt gegen China vorzugehen und die aufstrebende Supermacht einzudämmen.

Peking ist gewarnt

Es dürfte kein Zufall sein, dass Berichten zufolge China bereits 150.000 Truppen an die Grenze zu Nordkorea geschickt hat. Ähnlich wie Japan, das die geplante Entsendung seiner Truppen nach Südkorea mit Vorbereitung auf einen angeblich von Nordkorea zu erwartenden Angriff rechtfertigt, erklärte auch China die Verlegung seiner Truppen zur "Vorbereitung". Aber im Fall Chinas ist es keine Vorbereitung auf einen Krieg mit Nordkorea, sondern auf einen mit den USA und deren südkoreanischen und japanischen Hilfstruppen. Auch Russland hat eigenen Verlautbarungen zufolge bereits Raketentruppen an seine Grenze zu Nordkorea verlegt. Die Weichen für den Dritten Weltkrieg werden gestellt und Kim Jong-un ist nur der Vorwand.

Die Frage ist, ob wir uns darauf verlassen können, dass die Situation nicht weiter eskaliert und die verantwortlichen Politiker und Militärs vor allem in Washington alles dafür tun, dass die Entwicklung nicht der Kontrolle entgleitet. Leider sprechen viele Anzeichen dagegen, vor allem, weil man in Washington immer noch nicht weiß, wer wo und wann das Sagen hat. Dass es dort wie Kraut und Rüben durcheinandergeht, zeigt die Episode rund um den US-Flugzeugträger Carl Vinson.

Parallele Führungsstrukturen in den USA?

Vor knapp einer Woche erklärte das Weiße Haus, dass die Entsendung des Trägers Carl Vinsonin das Japanische Meer ein starkes abschreckendes Signal nach Nordkorea schicken würde und Präsidenten Trump mehr Möglichkeiten geben würde, auf das "provokative Verhalten des Nordens" zu reagieren. Trump persönlich sagte gegenüber Fox News: "Wir schicken eine Armada." Laut New York Times vom 18. April waren aber der Träger Carl Vinson und drei andere Kriegsschiffe in dessen Begleitung gerade in diesem Augenblick in entgegengesetzter Richtung in den Indischen Ozean unterwegs, um dort - 3.500 Seemeilen von koreanische Halbinsel entfernt - mit der australischen Marine ein geplantes Manöver zu absolvieren.

Was sich wie ein Witz anhört, sollte uns den Schreck in die Knochen jagen. Denn angesichts der zunehmenden - auch nuklearen - Konfrontation auf der koreanischen Halbinsel ist die offensichtlich führungslose, politische Maschine Washingtons nur noch mit einer losen Kanone auf Deck bei stürmischer See zu vergleichen.



Erschienen auf rt deutsch

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