Türkei bestellt US-Botschafter ein

  16 Juni 2017    Gelesen: 493
Türkei bestellt US-Botschafter ein
Erdogans Besuch in Washington zieht ernste diplomatische Verwerfungen nach sich. Die US-Behörden gehen mit Haftbefehlen gegen Bodyguards des türkischen Präsidenten vor. Die Türkei kündigt einen "politischen und juristischen Kampf" an.
Die US-Justiz hat Haftbefehle gegen zwölf Leibwächter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erlassen. Ihnen wird vorgeworfen, bei Erdogans Washington-Besuch im Mai gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen zu sein, wie der Polizeichef der US-Hauptstadt, Peter Newsham, mitteilte. Erdogan reagierte empört.

Die Türkei will das Vorgehen der US-Strafverfolger gegen ein ganzes Dutzend Personenschützer ihres Präsidenten nicht einfach hinnehmen. Das türkische Außenministerium bestellte den US-Botschafter in Ankara, John Bass, zu Gesprächen ein.

Prügelattacke auf Video

Dem Diplomaten sei übermittelt worden, dass der Erlass der Haftbefehle durch die US-Behörden falsch und parteiisch sei sowie zudem die rechtliche Grundlage dafür fehle, teilte das Ministerium mit. Vielmehr hätten die lokalen Behörden es nicht geschafft, mit Blick auf die sogenannten Demonstranten geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

Washingtons Polizeichef begründete die Haftbefehle dagegen ausdrücklich mit dem aggressiven Auftreten der Leibwächter. Sie hätten friedliche kurdische Demonstranten vor der Residenz des türkischen Botschafters "brutal" angegriffen. Die zwölf Leibwächter seien in Videoaufnahmen eindeutig identifiziert worden.

Brutale Leibwache

Bei den Zusammenstößen am 16. Mai waren zwölf Menschen verletzt worden, darunter ein Polizist. Die Videoaufnahmen zeigen, dass die Leibwächter selbst auf bereits am Boden liegende Demonstranten weiter einprügelten und eintraten. Die anwesenden US-Polizisten waren zeitweise sichtlich überfordert, die prügelnden Anzugsträger von ihren Opfern abzubringen und von weiteren Attacken abzuhalten.

Die Konfrontationen mitten im Stadtzentrum von Washington ereigneten sich, während Erdogan nach seinem Besuch bei US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus in der Residenz des Botschafters eintraf. Die Schlägerei mit Dutzenden Beteiligten dauerte mehrere Minuten.

Demonstrierende "Terroristen"

Erdogan kündigte am Abend in einer Rede in Ankara einen "politischen und juristischen Kampf" gegen die Haftbefehle an. Der US-Polizei legte er schwere Versäumnisse zur Last. Diese habe es zugelassen, dass sich "Terroristen" ihm auf 50 Meter hätten nähern können, sagte Erdogan. Die US-Beamten hätten "nichts unternommen", weswegen seine eigenen Leibwächter aktiv wurden. Es sei nur darum gegangen, ihn zu schützen, sagte Erdogan.

In einem Video vom Tattag ist zu sehen, dass Erdogan tatsächlich persönlich Zeuge der Ereignisse wird, sich aber nicht ins Geschehen einmischt. Bei den Demonstranten, so heißt es aus Ankara, habe es sich um Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen gehandelt, die die türkische Regierung als "Terroristen" bezeichnet. Gülen lebt im Exil in den USA.

Die USA unterstützen im syrischen Bürgerkrieg die syrische Kurdenmiliz YPG, was von türkischer Seite heftig kritisiert wird. Sie betrachtet die YPG als Terrororganisation, da sie als syrischer Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK gilt.

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