Pell muss nun am 18. Juli zu einer Gerichtsanhörung (Filing Hearing) in Melbourne erscheinen. Bei dieser Anhörung wird festgelegt, wann die Anklage dem Beschuldigten Beweise vorlegen muss. "Kardinal Pell wird so schnell wie möglich nach Australien zurückkehren, um seinen Ruf zu verteidigen", teilte die katholische Kirche in Australien mit. Pell streite die Vorwürfe entschieden ab, er werde sich vor Gericht energisch gegen die Anschuldigungen wehren.
"Keine der gegen Kardinal Pell erhobenen Anschuldigungen ist bislang von einem Gericht überprüft worden", sagte Victorias Vize-Polizeichef Shane Patton auf einer Pressekonferenz. Pell habe "das Recht auf einen fairen Prozess".
Im vergangenen Jahr wurden Vorwürfe gegen Pell bekannt, wonach er als junger Priester in den Siebziger- und Achtzigerjahren mehrere Jungen sexuell belästigt haben soll. Der Kardinal, der 2014 von Papst Franziskus zum Leiter der neu geschaffenen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans, einer Art Finanzministerium, ernannt wurde, wies die Vorwürfe schon mehrfach als "völlig unwahr und komplett falsch" zurück. Im vergangenen Jahr hatte er sich dazu im Vatikan auch von australischen Ermittlern vernehmen lassen.
Pell räumte ein, Missbrauch von Kindern heruntergespielt zu haben
Australischen Medienberichten zufolge wird Pell von zwei Männern bezichtigt, sie Ende der Siebzigerjahre missbraucht zu haben. Zudem soll er sich in den Achtzigerjahren nackt vor drei Jungen gezeigt haben. Kürzlich erschien ein Buch der Enthüllungsjournalistin Louise Milligan über Pell, das neue Einzelheiten zu den Vorwürfen gegen den australischen Kardinal enthielt.
Die Vorwürfe sind besonders heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens katholische Kirche über Jahre hinweg den Missbrauch von Kindern heruntergespielt habe. Mittlerweile hat die Kirche an mehrere tausend Opfer als Ausgleich umgerechnet mehr als 276 Millionen Euro gezahlt.
Ein Mitglied der Kinderschutzkommission des Vatikans bezeichnete Pell vor zwei Jahren als "unhaltbar" in der Funktion des Finanzchefs und nannte ihn mit Blick auf die Behandlung von Missbrauchsopfern "fast soziopathisch". "Ich denke, es ist entscheidend, dass George Pell abtritt, dass er zurück nach Australien geschickt wird und dass der Papst die härtesten Maßnahmen gegen ihn ergreift", sagte Peter Saunders damals im australischen Fernsehen. Saunders - selbst Missbrauchsopfer - war von Franziskus in die Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche berufen worden.
Papst Franziskus hatte im Mai 2014 versprochen, bei Kindesmissbrauch null Toleranz walten zu lassen.
Quelle : spiegel.de
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