Die italienische Initiative dürfte mit Frankreich abgesprochen sein, denn auch der französische Präsident Emmanuel Macron will sich in der Migrantionsfrage nicht weiter auf die EU-Partner und die EU verlassen.
Frankreich will noch in diesem Sommer sogenannte Hotspots für Flüchtlinge im nordafrikanischen Krisenstaat Libyen einrichten, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Frankreich wolle dabei mit der EU oder alleine handeln, sagte Staatschef Emmanuel Macron am Donnerstag. Durch die Registrierungsstellen für Flüchtlinge sollten Menschen ohne Chancen auf Asyl davon abgehalten werden, mit einer Überfahrt über das Mittelmeer große Risiken einzugehen.
„Ich will das ab diesem Sommer machen“, sagte Macron bei einem Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt Orléans. Frankreich wolle deswegen Mitarbeiter der französischen Flüchtlingsbehörde Ofpra nach Libyen entsenden.
„Die anderen europäischen Länder sind sehr widerstrebend“, fügte Macron hinzu. „Wir werden versuchen, es zusammen mit Europa zu machen, aber Frankreich wird es machen.“
Allerdings erklärte das französische Präsidialamt kurz danach, für die Errichtung solcher Hotspots müsse zunächst die Sicherheitslage ausreichend gut sein – derzeit sei dies in Libyen nicht der Fall. Prinzipiell gehe es um eine „Vorbehandlung“ von Asylanträgen.
Die EU hat Hotspots wegen der Flüchtlingskrise in den europäischen Hauptankunftsländern Italien und Griechenland eingerichtet. Migranten werden dort mit Unterstützung von Experten der EU-Grenzbehörde Frontex und der europäischen Asylagentur Easo registriert. Die EU-Kommission zeigte sich überrascht über Macrons Vorstoß, auch in Libyen solche Hotspots einrichten zu wollen. Eine Sprecherin sagte, die Behörde könne dazu noch nicht Stellung nehmen. Erst müsse geklärt werden, was Macron genau vorgeschlagen habe. „Wir haben keine Details“, sagte sie. Die EU-Kommission sei aber bereit, „über alles zu diskutieren“.
Ein Sprecher der Bundesregierung sagte, Deutschland bemühe sich gemeinsam mit der EU und ihren Mitgliedstaaten, insbesondere Frankreich und Italien, darum, die illegale Migration über die zentrale Mittelmeerroute einzudämmen. „Diesem Ziel dient auch der jüngste Vorschlag des französischen Staatspräsidenten, der in Libyen als dem Haupttransitland der illegalen Migration ansetzt“, erklärte der Sprecher weiter. „Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag im Einzelnen prüfen.“ Auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz unterstützt die Initiative.
Die geplanten Maßnahmen laufen auf eine harte Linie der EU-Staaten gegen Flüchtlinge und Migranten hinaus. Die sogenannten Hot-Spots in Griechenland sind Gefangenenlager, in denen die Menschenrechte nicht gewährleistet sind. Sogar die UNHCR hat die Zusammenarbeit mit den Lagern abgelehnt – wegen der menschenunwürdigen Zustände.
In Libyen, das vor einigen Jahren durch den „regime change“ der USA und des Westens destabilisiert wurde, herrscht Chaos. Die Lager für Migranten und Flüchtlinge sind in verheerendem Zustand. Gewalt gegen Migranten ist an der Tagesordnung. Internationale Hilfsorganisationen wie das UNHCR wollen nicht in Libyen tätig werden, weil ihnen die Lage zu unsicher ist. Zahlreichen Migranten droht die Sklavenarbeit in der Erdöl- und Erdgas-Industrie. Russen und Amerikaner kontrollieren mittlerweile den libyschen Rohstoff-Sektor.
Libyen ist das Haupttransitland für Flüchtlinge, die versuchen, über das zentrale Mittelmeer nach Europa zu gelangen. In diesem Jahr kamen auf der Route bereits mehr als 93.000 Menschen in Italien an. Mehr als 2500 sind bei dem Versuch seit Januar bereits gestorben.
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