Oettinger fordert mehr Geld für die Türkei

  25 Auqust 2017    Gelesen: 610
Oettinger fordert mehr Geld für die Türkei
Gegen den Willen der Bundesregierung soll die Türkei weitere Milliarden von der EU erhalten. Haushaltskommissar Oettinger mahnt die Mitgliedstaaten im SPIEGEL, zu ihren Verpflichtungen zu stehen.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger fordert von den EU-Mitgliedstaaten mehr Geld, um die Absprachen des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei einzuhalten. "Die Mitgliedstaaten müssen zwei Milliarden plus x finanzieren", sagt Oettinger in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL.

Die EU hat der Türkei im Rahmen des Flüchtlingsabkommens bis 2018 insgesamt sechs Milliarden Euro zugesagt, beispielsweise für Unterbringung und Ausbildung der Flüchtlinge. Die erste Tranche in Höhe von drei Milliarden Euro wird bis Jahresende verplant sein, im Etatentwurf 2018 hat Oettinger daher bereits einen Betrag von etwa 300 Millionen Euro für die zweite Tranche eingestellt. Für den größten Teil der restlichen Summe sieht er nun die EU-Mitglieder in der Pflicht.

Deutschland steuerte im Rahmen des Flüchtlingsdeals bislang etwa 500 Millionen Euro bei, EU-Experten gehen jedoch davon aus, dass Berlin bei der zweiten Tranche deutlich mehr zahlen muss. Zum einen dürfte es der EU kaum gelingen, aus ihrem eigenen Budget erneut eine Milliarde Euro aufzubringen. Zum anderen ist völlig offen, ob Großbritannien, das die EU verlassen will, bereit ist, weiterhin für den Türkei-Deal zu zahlen.

Die Bundesregierung hatte zuletzt den Eindruck erweckt, sie könnte die Zahlungen eher senken. Dabei hatte Berlin vor allem die sogenannten Vorbeitrittshilfen im Blick, die die Türkei als Beitrittskandidat erhält. Recherchen des SPIEGEL haben jedoch ergeben, dass Berlin mit der Forderung, diese Hilfen zu stoppen, in den meisten EU-Hauptstädten auf Ablehnung stößt. Nur eine Minderheit der Mitgliedsländer unterstützt derzeit den Vorschlag aus Berlin.

Auseinandersetzung mit Erdogan

Oettingers Warnung zeigt, dass das Verhältnis der EU zur Türkei vielschichtiger ist, als es der Bundesregierung lieb ist. Kanzleramt und Außenministerium hatten zuletzt den Eindruck erweckt, die EU könnte die Zahlungen im Rahmen der sogenannten Vorbeitrittshilfe stoppen oder zumindest kürzen. Hintergrund der Drohung war die eskalierende Auseinandersetzung mit Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Zwar konnte Außenminister Sigmar Gabriel schnell einen ersten Erfolg erringen, Erdogan zog die Liste, in denen deutsche Unternehmen als Terrorunterstützer bezeichnet wurden, zurück. Doch kurz darauf verschärfte Erdogan den Ton und knöpfte sich den deutschen Außenminister persönlich vor: "Wer bist du denn, dass du zu dem Präsidenten der Türkei sprichst?"

Trotz aller Drohungen sind die Vorbeitrittshilfen an Ankara nicht so einfach zu stoppen, wie die EU-Kommission betont. Im Zeitraum von 2014 bis 2020 sind den Türken insgesamt 4,45 Milliarden Euro zugesagt, ausgezahlt sind davon bislang nur etwa 250 Millionen Euro.

Für einen Stopp bräuchte es zunächst einen Beschluss der Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit. Voraussetzung dafür wäre, dass die Türkei gegen die sogenannten Kopenhagener Kriterien verstößt, sie fordern unter anderem Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte. Eine solche Feststellung, so heißt es in Brüssel, müsste aber zwingend zumindest auch die Suspendierung der Beitrittsverhandlungen selbst nach sich ziehen. Und das will derzeit nicht mal die Bundesregierung.

So beschränkt sich derzeit die Eskalation vor allem auf die Rhetorik. Deutlicher als in den offiziellen Reisehinweisen des Auswärtigen Amts warnte Gabriel alle Deutschen davor, Urlaub in der Türkei zu machen. "Man kann das nicht mit gutem Gewissen machen", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Quelle : spiegel.de

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