Dass mit Graham erstmals ein einflussreicher US-Politiker dazu aufruft, Familienangehörige von in Südkorea stationiertem US-Personal abzuziehen, dürfte über die USA hinaus hohe Wellen schlagen. Im Interview mit n-tv.de hatte der Konfliktforscher Hans-Joachim Schmidt eine solche Maßnahme bereits im August als Warnsignal für einen möglicherweise bevorstehenden Militärschlag eingestuft. "Gefährlich wird es, wenn die Amerikaner ihr Botschaftspersonal und die Angehörigen der Streitkräfte aus Südkorea abziehen und Kriegsschiffe und Flugzeuge in die Region schicken", sagte der Wissenschaftler der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung HSFK wörtlich.
Grahams Einschätzung nach steigt angesichts der jüngsten nordkoreanischen Raketentests die Gefahr eines militärischen Konflikts zwischen den USA und Nordkorea. Der US-Senator warnte wörtlich vor einem sich anbahnenden "Präventivkrieg". Wenn Nordkorea es wage, erneut einen unterirdischen Atomwaffentest vorzunehmen, "dann sollten Sie sich auf eine sehr schwerwiegende Antwort der Vereinigten Staaten einstellen". Der Republikaner aus dem US-Bundesstaat South Carolina sitzt im Senat unter anderem im Haushalts- und im Streitkräfteausschuss.
Raketen bedrohen die USA
Die USA betreiben in Südkorea laut Angaben des Verteidigungsministeriums 112 Militärbasen, auf denen zuletzt etwa 40.000 Soldaten stationiert waren. Die Gesamtzahl der US-Bürger in Südkorea dürfte deutlich höher liegen, da sich neben den Familienangehörigen der Streitkräfte und allen beruflich oder privat in Südkorea lebenden Staatsangehörigen auch zahlreiche US-Diplomaten mit ihren Familien in dem Land aufhalten.
Nordkorea hatte am Mittwoch vergangener Woche eine neuartige Rakete des Typs Hwasong-15 getestet und ist nach Angaben der Führung in Pjöngjang damit nun in der Lage, das gesamte Festland der USA mit Atomsprengköpfen anzugreifen. Es war der 19. Raketentest in diesem Jahr, im September hatte Nordkorea zudem zum sechsten Mal einen Atomtest durchgeführt.
China warnt vor Alleingang
Als Antwort auf dieses provokante Vorgehen hatte der UN-Sicherheitsrat zahlreiche Sanktionen verhängt. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump setzt bislang auf militärische Machtdemonstrationen, eine verschärfte Isolierung des Landes und teils offene Gewaltandrohungen. Wirkung gezeigt haben diese Maßnahmen bisher nicht.
Auch in Peking wächst offenbar die Sorge vor einem militärischen Alleingang der USA: China mahnte zu Wochenbeginn zu einer geschlossenen Haltung gegenüber Nordkorea, um den Streit über das Atom- und Raketenprogramm des Landes zu entschärfen. Die Regierung in Peking sei offen für verschiedene Lösungen, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi. Aber alle Beteiligten sollten sich abstimmen.
Die Streitkräfte der USA und Südkoreas starteten unterdessen ihr bislang größtes gemeinsames Luftwaffenmanöver. An der fünftägigen Übung "Vigilant Ace" in der Pazifikregion sind mehrere tausend Soldaten sowie mehr als 230 Militärflugzeuge beteiligt, wie die südkoreanische Luftwaffe mitteilte. Auch US-Tarnkappenjets vom Typ F-22 "Raptor" und F-35 "Lightning II" kommen bei dem Manöver zum Einsatz.
Nordkorea bezeichnete das Manöver als "offene und umfassende Provokation". Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, H.R. McMaster, warnte vor der "jeden Tag wachsenden" Gefahr eines Kriegs mit Nordkorea.
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