Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte die Abschiebung des Mannes irrtümlich erlaubt, obwohl dagegen am Verwaltungsgericht Sigmaringen ein Eilantrag anhängig war. Solche Anträge gewähren Schutz vor einer Abschiebung. Das Gericht hatte deswegen angeordnet, dass der Flüchtling zurückgeholt werden muss. Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der dortigen Gefahrenlage umstritten und werden von Menschenrechtsorganisationen kritisiert.
F. droht nach seiner Rückkehr keine Abschiebung nach Bulgarien, wie es die Dublin-Verordnung eigentlich vorsieht. "Da die Einreise mit einem Visum erfolgt, welches die deutsche Botschaft in Islamabad ausgestellt hat, ist Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden", teilte das Bamf mit. "Der Antragsteller wird zeitnah einen Anhörungstermin erhalten, in dem er seine verfolgungsrelevanten Gründe darlegen kann."
Abschiebung soll rechtswidrig gewesen sein
Das Tübinger Bündnis Bleiberecht begrüßte die Bamf-Entscheidung. "Aufgrund der Berichte über Gewalt, Inhaftierung und menschenrechtswidriges Verhalten von Behörden in Bulgarien bleiben wir bei unserer Forderung, dass niemand im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Bulgarien zurückgeschoben werden darf", sagte Bündnismitglied Andreas Linder. F. fahre nun weiter nach Tübingen. Im Sommer hatte er dort mehrere Monate gelebt.
"Das Bamf hat mir gegenüber angedeutet, die Rückführung und die Visumserteilung begründeten die Zuständigkeit Deutschlands", sagte F.s Anwalt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zum Kurswechsel der Behörde. "Aber wenn Sie mich fragen, hat die ganze öffentliche Aufregung schon ihre Wirkung gezeigt."
Kritik gab es auch von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, die dem Bamf "Pannen" bei F.s Asylverfahren vorwarf. Diese hätten zu der "rechtswidrigen Abschiebung" des Afghanen geführt, hieß es in einer Pro-Asyl-Erklärung. Rechtswidrig seien Abschiebungen dann, wenn diese ohne rechtskräftige Gerichtsentscheidungen in Gang gesetzt würden.
Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan steht aus
Deutschland hatte im vergangenen Jahr ein Rückführungsabkommen mit Afghanistan geschlossen. Im Dezember 2016 wurde mit ersten Sammelabschiebungen begonnen. Im Rahmen des Abkommens sollen nach Angaben von Bündnis Bleiberecht über 200.000 Menschen aus der Europäischen Union nach Afghanistan abgeschoben werden.
Abschiebungen in das Krisenland sind wegen der dortigen Sicherheitslage umstritten und werden immer wieder von Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR betonte in mehreren Berichten, dass jedem afghanischen Flüchtling aufgrund der gewaltsamen Konflikte in Afghanistan und der hohen Zahl ziviler Todesopfer zumindest ein subsidiärer Schutzstatus zustehe.
Die derzeitige Linie der Bundesrepublik ist, nur Straftäter, sogenannte Gefährder und Identitätstäuscher an den Hindukusch zurückzubringen. Eine Neubewertung soll auf Grundlage des nächsten Berichts des Auswärtigen Amts zur Sicherheitslage in Afghanistan getroffen werden, der noch aussteht.
Quelle: n-tv.de
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