Mit seinem jüngsten Erfolg könnte Trump aber viele seiner Wähler vor den Kopf gestoßen haben, meint Thunert:
„Die Steuerreform ist sein bisher größter legislativer Erfolg im Inneren. Ob das wirklich den Wählern, die er neu hinzugewonnen hat aus der weißen Arbeiterschaft, zugutekommt – da habe ich große Fragezeichen. Der Populist Trump regiert mehr und mehr wie ein gewöhnlicher republikanischer Präsident, der sehr wirtschaftsfreundlich ist. Ich erkläre mir das so, dass er in diesem Punkt auf die Republikaner im Kongress zugeht, weil er Angst haben muss, dass es vielleicht doch zu einer Amtsanklage kommt.“
Wie seinerzeit US-Präsident Bill Clinton von den Demokraten könnte Trump im Falle einer Anklage glimpflich davonkommen und nicht verurteilt und seines Amtes enthoben werden, schätzt der Experte ein. Doch dafür bräuchte er die Unterstützung des republikanischen Establishments.
„Fire and Fury“ – eher überzeichnete Illustration, denn Enthüllung
Auch der Autor des neuen Enthüllungsbuches „Fire and Fury“ über Trump, Michael Wolff, ziele auf eine mögliche Amtsenthebung, so Thunert. „Der Autor spielt stark darauf an, dass Trump gemäß Artikel 25 der US-Verfassung aus dem Amt entfernt werden muss – wegen Unfähigkeit, sein Amt auszuüben. Doch dazu müssten auch politische Mehrheiten nicht nur im Kabinett, sondern auch im Kongress, aus seiner eigenen Partei zustimmen. Indem er auf das Establishment der Republikaner zugeht, versucht er sich da momentan abzusichern.“
Eine weitere Behauptung, die Wolff in seinem Buch aufstellt, ist, dass Trump gar nicht Präsident habe werden wollen. Die Trump-Leute hätten gewusst, dass sie nur eine ganz geringe Chance hatten, gewählt zu werden, sagt der Politologe dazu. Der Plan B sei offensichtlich gewesen, dass Trump ein Medienunternehmer geworden wäre – berühmt war er ja schon. Thunert ergänzt:
„Zu sagen, sie wollten nicht gewinnen, halte ich für überzeichnet. Aber sie waren sicherlich nicht das am besten vorbereitete Team, das eine Wahl gewonnen hat. Das sind ja fast alles politische Novizen gewesen: Angefangen bei Trump selbst, sein Schwiegersohn, ebenso Stephen Bannon. Das waren Medienleute und keine Regierungsfachleute. Die anderen, die er versammelt hat, waren Militärs und Wirtschaftsleute.“
Andererseits hätten die Wähler mit Absicht einen solchen politisch unerfahrenen Kandidaten gewählt und einer der vielleicht erfahrensten Kandidatinnen aller Zeiten vorgezogen. Insofern sei das zumindest von einem Teil seiner Anhänger durchaus gewollt gewesen.
„Wir wissen, dass Trump auch einen chaotischen Stil als Wirtschaftskapitän pflegt, dass er nicht liest – was er offen zugibt – und sich auch nicht mit den Details von Politik beschäftigen will. Das war vielen seiner Wähler bekannt. Das Buch ist also eher eine Illustration dessen.“
sputniknews.com
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