Der Diplomat gab zugleich zu, dass die Vorgehensweise Brüssels im Kontext des Syrien-Problems „immer realistischer“ werde. Das lasse hoffen, dass Europa nach einer EU-Konferenz im Frühjahr zusätzliche Mittel für die Unterstützung Syriens bereitstellen werde. Sollte sich Brüssel jedoch anders entscheiden, könnte das schlimme Folgen haben, warnte Tschischow.
Nach seinen Worten ist auch Moskau bereit, zusätzliche Mittel dafür auszugeben. Eine konkrete Summe nannte er jedoch nicht.
Laut der EU-Kommission leisten die EU-Länder aktuell die größte humanitäre Hilfe für Syrien: insgesamt zehn Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen 3,7 Milliarden Euro unmittelbar aus dem Haushalt der Union. Laut dem Bericht brauchen 13 Millionen Syrer Unterstützung.
Bislang weigert sich die EU, die humanitären Hilfen für Syrien aufzustocken, solange kein Plan zur politischen Gestaltung dieses Landes nach der Regelung der Krise entwickelt worden ist. Brüssel wäre dazu bereit, „erst wenn es ein inklusives politisches Abkommen gibt, das bei den Gesprächen in Genf getroffen wird“, hatte die EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, noch bei der jüngsten UN-Vollversammlung im September gesagt.
Ähnlich äußerte sich auch der britische Chefdiplomat Boris Johnson, dem zufolge der syrische Präsident Baschar al-Assad im Sinne der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats zurücktreten sollte. Diese Resolution sieht bekanntlich diverse Schritte zwecks politischen Machtwechsels vor, unter anderem die Erstellung einer neuen Verfassung sowie neue Wahlen in Syrien. Dabei besteht Mogherini, ebenso wie viele andere europäische Politiker, darauf, dass Assad seinen Posten verlässt.
„Financial Times“ schrieb jüngst unter Berufung auf diplomatische Quellen in Brüssel, dass die EU keine zusätzlichen Mittel für Syriens Wiederaufbau bereitstellen werde, solange Russland keine Zugeständnisse im Rahmen der politischen Regelung akzeptiere. „Und dass sich die Russen inzwischen Sorgen machen, zeugt davon, dass dieser Plan wirkungsvoll ist“, betonte ein EU-Diplomat.
Der UN-Beauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, zeigte sich indes überzeugt, dass die Weltgemeinschaft den Dialog mit Moskau fortsetzen sollte. „Ich weiß eines: Sie (die Russen) sind, genauso wie wir, an der Einstellung dieses Konflikts in Syrien interessiert“, sagte de Mistura gegenüber Euronews.
Allerdings haben einige Experten ihre Zweifel an einem schnellen Erfolg dieses Dialogs. Professor Yossi Mekelberg von der Denkfabrik Chatham House sieht nach seinen Worten „keine Hinweise darauf, dass Wladimir Putin zu Zugeständnissen im Syrien-Kontext bereit wäre, und wenn wir uns die jüngste Runde der Regelungsgespräche ansehen, dann sehen wir, dass Assad wieder zu seinem alten Mantra zurückgekehrt ist, er wäre nicht bereit, die Verfassung zu ändern und zurückzutreten.“
In Moskau sehe man die Risiken ein, die mit der Präsenz eines großen russischen Kontingents in Syrien verbunden wären, fuhr der Experte fort. Deshalb sei ein großer Teil der russischen Kräfte abgezogen worden. „Das bedeutet jedoch nicht, dass Moskau zu Kompromissen bereit wäre.“
Für die weitere Kooperation des Westens mit Russland plädierte auch der Experte der Denkfabrik European Council on Foreign Relations, Julien Barnes-Dacey. „Für Assad war Russlands militärische Unterstützung immer ein Mittel, die Kontrolle über das ganze Land zu behalten“, betonte der Politologe. Aber Moskau sollte nach seinen Worten Wege finden, Assad, „der selbst minimale Zugeständnisse an die Opposition verweigert“, sowie den Iran, der Assad unterstützt, zu beeinflussen.
sputniknews.com
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