Österreich: FPÖ-Skandal wegen Nazi-Liederbuch

  25 Januar 2018    Gelesen: 1205
Österreich: FPÖ-Skandal wegen Nazi-Liederbuch

Unumwundene Verhöhnung des Holocausts und offene Verherrlichung der SS: Es sei das Heftigste, was sie in 17 Jahren FPÖ-Berichterstattung erlebt habe, sagt Nina Horaczek von der Wiener Wochenzeitung „Falter“, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Was die Journalistin so aufregt ist laut dem Blatt „ein kleines, rotes Büchlein mit Goldlettern“, ein Liederbuch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt.

Darin ist laut „SZ“ unter anderem so etwas zu lesen: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: 'Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und in der nächsten Strophe: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

An einer anderen Stelle wird in dem Liedgut die deutsche Legion Condor gepriesen, wie die „Süddeutsche“ schreibt. Diese Luftwaffen-Einheit bombardierte im Spanischen Bürgerkrieg die Gegner des Faschistenführers Franco.

Besonders heikel wird die Sache mit dem Liederbuch der „Germania“ dadurch, dass sie sich kurz vor den Landtagswahlen in Niederösterreich am kommenden Sonntag abspielt. Denn der Vize-Vorsitzende dieser Burschenschaft, der 31-jährige Udo Landbauer, tritt bei der Wahl als Spitzenkandidat der FPÖ an.

Dabei sei die Abstimmung „der erste Stimmungstest für die seit Dezember amtierende österreichische Bundesregierung aus FPÖ und der ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz, so die „SZ“. Der österreichische Kanzler habe zuvor versichert, er werde eingreifen, wenn sein Koalitionspartner rote Linien überschreite.

Auf die skandalöse Veröffentlichung des Liederbuchs habe Kurz denn auch schnell reagiert: „Die publik gewordenen Liedtexte der Germania sind (…) absolut widerwärtig. Dafür darf es in unserem Land keinen Platz geben. (…) Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", schrieb der österreichische Regierungschef auf Twitter laut „SZ“.

Landbauer selbst habe sich bislang nur über seinen Sprecher zum Skandal geäußert: Der FPÖ-Vize habe nichts mit dem Liederbuch zu tun. Es sei von 1997, damals sei Landbauer gerade einmal „elf Jahre alt" gewesen, verlautete dieser laut „SZ“.

Allerdings: Als Landbauer der Germania als Jugendlicher im Jahr 2000 beitrat – „da war das Buch erst drei Jahre alt“, wie die „Süddeutsche“ schreibt.

Die Opposition in Österreich hat jedenfalls Landbauers Rückzug gefordert. Er denke nicht daran, sagte dieser am Mittwoch im ORF-Radio laut der Zeitung. Seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft werde er aber ruhen lassen und sich für eine Untersuchungskommission einsetzen.

Auch die österreichischen Strafverfolger haben reagiert: Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat laut „SZ“ ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet. Die Zeile, die auf den Holocaust anspiele, sei womöglich ein Fall nationalsozialistischer Wiederbetätigung, nach österreichischem Verbotsgesetz strafbar.

Was den Skandal mit der Germania für die FPÖ auch noch schwierig macht, ist der Umstand, dass die Parteiführung um Heinz-Christian Strache „die FPÖ in den vergangenen Jahren auf eine moderatere Außendarstellung getrimmt“ habe, so die „SZ“. Vor allem offene Judenfeindlichkeit vermeide man heute.

"Wir trennen uns konsequent von Leuten, die rote Linien überschreiten, etwa wie beim Antisemitismus", sagte Strache in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ im September 2017, wie das Blatt schreibt.

Nun sagte Strache am Mittwoch laut der Zeitung, Burschenschaften hätten nichts mit der FPÖ zu tun. Allerdings, so das Blatt, seien 18 der 51 FPÖ-Abgeordneten im Nationalrat Mitglieder einer deutschnationalen Burschenschaft.

Der FPÖ-Politiker habe sich sogar aufgeregt – jedoch nicht über Landbauer, sondern über die enthüllende Zeitung: "Das linke Wochenblatt Falter versucht aktuell unserem Udo Landbauer einen Skandal anzudichten", schrieb der Vizekanzler bei Facebook laut „SZ“.

sputniknews.com


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