„Kriegskonferenz mit Krokodilstränen“ – Willy Wimmer über MSK

  17 Februar 2018    Gelesen: 1505
„Kriegskonferenz mit Krokodilstränen“ – Willy Wimmer über MSK
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnte zum Auftakt des Treffens vor dem Risiko einer militärischen Konfrontation zwischen den USA und Russland. Die Aussage bezeichnete der ehemalige verteidigungspolitische Sprecher der Union, Willy Wimmer, als „Nachweis krimineller westlicher Politik“.

Obwohl derzeit viele Sicherheitsthemen die internationale Gemeinschaft beschäftigen, scheint der Kalte Krieg immer noch in den Köpfen zu dominieren. Auf der Tagesordnung der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) 2018 steht ganz oben: „Die Zukunft und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union und ihre Beziehungen zu Russland und den Vereinigten Staaten.“

Abgrundtiefes Misstrauen zwischen USA und Russland
Seit dem Ende der Sowjetunion habe es nach Einschätzung des Leiters der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, „noch nie eine so hohe Gefahr einer militärischen Konfrontation zwischen Großmächten gegeben“. Das Misstrauen zwischen der Militärführung in Washington und in Moskau sei „abgrundtief“, sagte der Konferenzleiter am Freitag gegenüber dem Deutschlandfunk.

„Die Kontakte, die es früher zuhauf gegeben hat, sind im Wesentlichen eingefroren. Die Gefahr von Missverständnissen – denken Sie an die Vorgänge in und um Syrien. Die Gefahr von Fehlkalkulationen, von ungewollten eskalatorischen Manövern ist größer, als ich sie in Erinnerung habe über die letzten 30 Jahre hinweg“, erklärte Ischinger.

„Kalter Krieg wieder neuaufgelegt“
Skeptisch sieht diese Warnungen der ehemalige Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Willy Wimmer:

„Man muss gerade vor dem Hintergrund der heutigen Erklärung von Ischinger sagen, es ist der Nachweis für eine, aus meiner Sicht, fast kriminelle westliche Politik der letzten Jahrzehnte, die die Welt wieder dahin zurückzubringt, wo wir sie 1990 verlassen haben, nämlich den Kalten Krieg wieder neu aufzulegen. Es ist nichts anderes.“ Es sei die erkläre Politik der Nato, derartiges zu veranstalten. „Das sind Krokodilstränen am völlig falschen Platz“, so Wimmer, der die Sicherheitskonferenz als „nutzlose Zeitverschwendung und Kriegskonferenz“ bezeichnet.

Die 1963 gegründete Münchner Sicherheitskonferenz wurde damals unter dem Namen „Internationale Wehrkunde-Begegnung“ abgehalten. „Und obwohl diese von Anfang an als internationale Konferenz geplant war, war die Konferenz in allererster Hinsicht ein Ort, an dem die deutschen Teilnehmer ihre Kollegen aus den wichtigsten verbündeten Staaten treffen konnten, aus den Vereinigten Staaten und aus anderen Mitgliedsstaaten der Nato. So wurde die Konferenz oftmals auch ‚transatlantisches Familientreffen‘ genannt. Fokus der Diskussionen in München war die westliche Politik im Kalten Krieg“, liest man auf der Seite der Konferenz.

Wimmer: „Frieden ist nicht das Ding der Nato“

Die Entwicklung der Konferenz seit dem Ende des Kalten Krieges habe deutlich gemacht, dass der Westen offensichtlich mit dem Ende des Kalten Krieges nichts anfangen könne. „Frieden ist nicht das Ding der Nato“, sagt der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. „Und die Vereinigten Staaten von Amerika sowie die gewöhnlich kriegsführenden Kräfte in Europa, wie die Briten und die Franzosen, haben alles getan, um uns wieder in einen Zustand zu bringen, den wir glaubten, 1990 verlassen zu haben. Das heißt, eine Konfrontationslage, von uns gewollt, gegenüber der russischen Föderation. Das ist das verbrecherische an dieser erklärten Politik.“ Heute würden wieder Nato-Panzer 150 Kilometer vor St. Petersburg entfernt stehen, bemerkt Wimmer und betont, dass das deutsche Volk das nicht wolle.

Doch die Bundesregierung sei nicht in der Lage, sich gegenüber der Nato durchzusetzen, bemängelt Willy Wimmer und spricht von einer „Konfrontationssituation, wie es schlimmer nicht sein kann“.

Ischinger: „Weltpolizist existiert nicht mehr“
Einen der Gründe für diese „unglückselige Entwicklung“ nannte der Gastgeber der Sicherheitskonferenz. Unter anderem würde dies an der neuen Rolle der USA unter Präsident Donald Trump liegen, meint Ischinger.

„Immer häufiger, so ist mein Eindruck, wird versucht, nicht nur mit Waffen zu drohen, sondern den Waffeneinsatz tatsächlich zu praktizieren, um eigene Interessen durchzusetzen. Woran liegt das?“, fragt Wolfgang Ischinger.

„Es liegt daran, dass eine große Ordnungsmacht, ein Weltpolizist, um es salopp auszudrücken, in der Form, wie wir ihn längere Jahre, vielleicht Jahrzehnte hatten, nicht mehr existiert“, sagte der Ex-Diplomat. „Die USA haben sich doch in sichtbarer Weise von dieser früheren Rolle zurückgezogen, insbesondere im Nahen und Mittleren Osten.“

Forcierte Aufrüstung der Bundeswehr
Auch die Bundeswehr ist dabei, eine stärkere militärische Rolle in der Nato einzunehmen. Sie soll Anfang 2019 die Führung der Eingreiftruppe „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) in Osteuropa übernehmen. Auch ein neues Nato-Hauptquartier soll in Deutschland gebaut werden. Das hat die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch beim Nato-Treffen in Brüssel bestätigt.

Deutsche Verteidigungspolitiker verlangen wegen der mangelnden Einsatzbereitschaft der Bundeswehr eine deutlichere Erhöhung der Ausgaben für die Bundeswehr. „Es muss mehr Geld in Sicherheit investiert werden“, fordert der sicherheitspolitische Sprecher der CSU, Florian Hahn, in einem Interview mit der „Welt“ und reagiert damit auf einen Bericht der Zeitung, demzufolge einsatzbereite Panzer und Nachtsichtgeräte fehlen.

Bei der Sicherheitskonferenz ist am Freitag auch erstmals seit einem Jahr wieder ein Treffen der Außenminister von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine geplant, um über den Konflikt zwischen den Separatisten im Osten der Ukraine und ukrainischen Regierungstruppen zu beraten. Dabei soll es sich in erster Linie vor allem um die Überlegungen zu einem UN-Friedenseinsatz im Krisengebiet drehen, wie dpa berichtet.

SPUTNIKNEWS


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