Putins Koch und Kumpel

  20 Februar 2018    Gelesen: 1341
Putins Koch und Kumpel
Er steht in einer US-Anklageschrift und ist ein Kumpel des russischen Präsidenten: der ehemalige Kriminelle und jetzige Oligarch Prigoschin. Er kochte nicht nur für Putin, sondern soll auch hinter Troll-Angriffen in den USA und einer Söldnertruppe stehen.  

Die Anklage, die US-Sonderermittler Robert Mueller am Freitag vorgelegt hat, hat es in sich: Die 13 Beschuldigten sollen sich verschworen haben, um dem politischen System der USA zu schaden und die Präsidentschaftswahlen 2016 zu beeinflussen. Unter den Verdächtigen aus Russland ist besonders ein Fall ist brisant - der von Jewgenij Prigoschin, auch bekannt als "Putins Koch".

Nicht nur wegen seiner engen Verbindungen zum Kreml ist der Oligarch Prigoschin eine schillernde Gestalt. Zu Sowjetzeiten saß er wegen Raubs, Betrugs und Prostitution Minderjähriger für Jahre im Gefängnis. Als er 1990 freikam, verkaufte er zunächst Hot-Dogs. Später eröffnete er mit Schulkameraden eine Supermarktkette und 2001 ein Restaurant. Dieses habe ihm "den goldenen Moment geschenkt", so beschreibt es der Oppositionelle und Antikorruptionskämpfer Alexej Nawalny. Sein Aufstieg sei "eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten von Putins Russland".

Schließlich besuchte Putin als frisch gekürter Präsident das Edelrestaurant in Sankt Petersburg. Prigoschin soll damals selbst serviert haben. Es lohnte sich, er hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Später bekochte er das Petersburger Wirtschaftsforum, organisierte Putins Geburtstag und belieferte Schulen und Armee-Kantinen. "Wenn Ihr Kind in Moskau zur Schule geht, sollten Sie wissen, dass Prigoschin mit jedem Mittagessen für Ihr Kind bares Geld verdient", so Nawalny. Wie sein Catering-Imperium "Concord" wuchs auch Prigoschins Wohlstand, auf Instagram prahlte seine Tochter zwischenzeitlich mit Fotos seiner Jacht und seines Privatflugzeugs.

Prigoschin ist aber weit mehr als nur ein Koch des Kreml. Schon vor einigen Jahren gab es Berichte, dass er auch Finanzier einer Firma namens "Internet Research Agency" ist. Was harmlos klingt, ist tatsächlich eine berüchtigte Troll-Fabrik in St. Petersburg, die auch auf Muellers Anklageliste steht. Hunderte Trolle sollen von hier aus das Internet mit Putin-Propaganda geflutet haben – auf russischen wie ausländischen Webseiten.

Das Ziel: Unruhe stiften

Doch nicht nur das. Der unabhängige russische Fernsehsender Doschd veröffentlichte im Oktober 2017 ein Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Firma, der sich mit der "Änderung der öffentlichen Meinung" im Ausland beschäftigte. Ihm zufolge sollten die Trolle offenbar weder Russland noch Putin erwähnen, da die Amerikaner dies nicht interessiere. Vielmehr erhielten sie eine Liste von US-Medien, unter ihnen die "New York Times" und die "Washington Post", die sie beobachten und kommentieren mussten. "Wir hatten das Ziel, die Amerikaner gegen ihre eigene Regierung aufzustacheln. Um Unruhe zu stiften, Unzufriedenheit zu verursachen, die Zustimmungswerte für Obama zu schmälern."

Besonders schossen sich die Trolle offenbar auf die republikanische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ein. Es ging um ihren E-Mail-Skandal und den Reichtum der Clintons. "Die Hauptbotschaft lautete: Habt ihr, meine amerikanischen Brüder, noch nicht die Nase voll von den Clintons?"

Ähnlich klingt dies auch in der Anklageschrift von Mueller. Ziel der Organisation in Sankt Petersburg sei gewesen, "Misstrauen in die Kandidaten und generell in das politische System" zu säen. Dabei verbreiteten ihre Mitarbeiter Verschwörungstheorien über angebliche Wahlmanipulationen durch die Demokraten und erfanden Hashtags und Slogans wie "HillaryForPrison". Für ihren "Informationskrieg gegen die USA" verfügte die Firma "Internet Research" laut Anklage offenbar über ein jährliches Budget von Millionen US-Dollar. Außerdem habe sie eine eigene Abteilung zur Suchmaschinenoptimierung, eine IT-Abteilung und ein Team zur Datenanalyse unterhalten. Mehrere Hundert Mitarbeiter sollen in Tag- und Nachtschichten gearbeitet und dafür falsche E-Mail- und Twitter-Konten geschaffen haben.

Dabei waren sie laut Anklage nicht nur im Internet aktiv. Dem FBI zufolge sollen sie Demonstrationen wie "@March_for_Trump" und "Down with Hillary" organisiert haben. Auch bezahlten sie demnach einen Käfig, in dem in Florida ein Model als Clinton postierte.

Prigoschins Privat-Armee in Syrien

Auch andernorts geht der Kampf des Milliardärs, den Nawalny auch als Putins "Hofnarr" bezeichnet, längst über die virtuelle Welt hinaus. Laut Doschd hat er ebenfalls in die Söldner-Truppe "Wagner" investiert. Diese kämpfte offenbar im Osten der Ukraine und ist in Syrien aktiv. In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar starben bei einem US-Angriff nahe der syrischen Stadt Deir al-Sor mehrere Kämpfer der bis zu 3000-Mann starken Privatarmee. Ziel der "Wagner"-Söldner dort ist es offenbar, Gebiete von der Terrormiliz Islamischer Staat zurückzuerobern. Das dahinter stehende Unternehmen soll dafür das Recht erhalten, in der Region Öl zu fördern und zu verkaufen.

Wegen seiner Finanzierung der Troll-Fabrik und deren Propaganda in den USA steht Prigoschin bereits seit Ende 2016 auf der Sanktionsliste in Washington. Mit der Anklage vom Freitag hat sich der Druck auf ihn noch einmal verschärft. Zwar ist es ausgeschlossen, dass die russische Staatsanwaltschaft ihn an die USA ausliefert. Dennoch muss er nun, wie auch die anderen Angeklagten, befürchten, bei Reisen im Ausland festgenommen zu werden und an das FBI überstellt zu werden.

Außenminister Sergej Lawrow tat die Anklage ab und sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, ihm fehlten konkrete Beweise. "Bis wir die Fakten sehen, ist alles andere nur Gewäsch." Auch Prigoschin gibt sich gelassen. "Die Amerikaner sehen, was sie sehen wollen. Wenn sie einen Teufel sehen wollen – lasst sie."

Quelle: n-tv.de


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