Gemäß neuer Richtlinien (IFRS 9) müssen Geldhäuser künftig besonders dann höhere Abschreibungen vornehmen, wenn Darlehen mit langer Laufzeit auszufallen drohen. „IFRS 9 dürfte dazu führen, dass sich Banken bei der Vergabe von Krediten etwas zurückhalten, besonders im langfristigen Bereich“, erklärte Kemmer. Deutsche Häuslebauer, die sich Zinsen für ihre Immobilienkredite bisher gerne auf zehn Jahre festschreiben ließen, müssen sich deshalb auf Veränderung gefasst machen. „Es ist wahrscheinlich, dass Banken nicht mehr so lange Zinsbindungen anbieten, wie es heute üblich ist – außer die Kunden sind bereit, dafür höhere Kreditzinsen zu bezahlen.“
Die Regulierer reagieren mit den Regeln darauf, dass Banken ihrer Ansicht nach nötige Abschreibungen nach der Finanzkrise zu lange vor sich hergeschoben haben. Künftig müssen sie bei drohenden Zahlungsausfällen sofort mehr Geld beiseitelegen. „Das wird die Ergebnisse der Institute belasten“, prognostiziert Kemmer. Die neuen Standards müssen zwar erst ab 2018 angewendet werden. „Die Banken achten beim Kreditgeschäft aber schon heute auf Regeln, die in absehbarer Zeit auf sie zukommen.“
Auf Trab halten wird die deutschen Banken im kommenden Jahr auch der nächste Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Regulierungsbehörde EBA. „Es wird für beide Seiten leichter, weil man nach dem Test 2014 weiß, wie es läuft“, erwartet Kemmer. „Die Banken wird der Stresstest nichtsdestotrotz enorm belasten.“ Der Bankenverband findet es gut, dass es 2016 anders als 2014 keine „Durchfaller“ geben soll. „Banken dürfen den Test deshalb aber nicht auf die leichte Schulter nehmen“, mahnt der BdB-Hautgeschäftsführer. „Die EZB wird die Ergebnisse schließlich bei der Kalkulation der Mindestkapitalquoten der Banken berücksichtigen.“
Im Auge haben müssen Geldhäuser und Aufseher aus Sicht von Kemmer zudem die Refinanzierung. „Für Banken ist es schwieriger geworden, AT1-Bonds oder Nachranganleihen zu platzieren. Das sind erste Wetterleuchten am Horizont.“ Bei AT1-Anleihen handelt es sich um neuartige Bonds, die abgeschrieben werden können, wenn die Kapitalquote der Bank unter eine bestimmte Schwelle fällt. Kemmer glaubt zwar nicht, dass es wie in der Finanzkrise erneut zu Liquiditätsengpässen kommen wird. Regulierer müssten bei allen neuen Regeln jedoch darauf achten, dass es für Investoren nicht zu unattraktiv werde, Bank-Anleihen zu kaufen, fordert der Lobbyist der deutschen Privatbanken. „Wenn die Refinanzierungskosten der Geldhäuser zu stark steigen, wäre das für das Finanzsystem ein großes Problem.“
Die Politik hat mehrere Gesetze auf den Weg gebracht, die verhindern sollen, dass Steuerzahler bei der Schieflage von Banken erneut zur Kasse gebeten werden. Stattdessen sollen Eigentümer, vermögende Kunden und Gläubiger bluten. Neben Eigenkapital müssen große Geldhäuser deshalb künftig einen Puffer an Anleihen (MREL) vorhalten, die im Krisenfall herangezogen werden können („bail in“). Einige Details sind dabei allerdings noch nicht geklärt, weshalb sich viele Investoren derzeit beim Kauf von Banken-Bonds zurückhalten.
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