EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu bezeichnete die erste Öffnung eines Kapitels seit zwei Jahren als symbolisch. „Wir haben alle gemerkt, dass eine enge und gute Beziehung zwischen der EU und der Türkei außerordentlich wichtig ist - nicht nur für die beiden Parteien, sondern für die gesamte Region.“ Herausforderungen wie irreguläre Migration und Terrorismus erforderten eine konstruktive und stärker zukunftsorientierte Zusammenarbeit.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier machte deutlich, dass einem EU-Beitritt der Türkei derzeit große Hindernisse im Weg stehen. „Was die größten sind, kann man gar nicht sagen. Es gibt jedenfalls unterschiedliche Vorstellungen im Bereich rechtsstaatlicher Verfahren und rechtsstaatlicher Garantien“, sagte der SPD-Politiker.
Neue Verhandlungen nur dank der Flüchtlingskrise
Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz gab unumwunden zu, dass die Ausweitung der Beitrittsgespräche in Verbindung mit Absprachen zur Flüchtlingskrise zu sehen ist. „Es geht hier darum, die Flüchtlinge aufzuhalten, und dass die Türkei uns hilft, dass die Flüchtlinge gar nicht erst bis nach Europa durchkommen.“ Wenn man eine solche Kooperation einschlage, dann müsse man die Dinge ehrlich beim Namen nennen.
Deswegen müsse Flüchtlingen jetzt auch klar vermittelt werden, dass sie nicht mehr ungehindert nach Europa kommen, sagte Kurz. „Wenn man bei den Flüchtlingen nach wie vor (...) den Eindruck erweckt, sie seien in Europa willkommen, sie dann Schlepper bezahlen, sich auf den Weg machen, und dann von der Türkei gestoppt werden, dann kennen sie sich gar nicht mehr aus.“
Auf die Eröffnung eines neuen Verhandlungskapitels hatten sich die 28 EU-Staaten Ende November bei einem Sondergipfel verständigt. Hintergrund ist ein Aktionsplan, der eine bessere Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise garantieren soll. Die Regierung in Ankara hatte sich bei den Gesprächen verpflichtet, die türkischen Grenzen besser zu schützen. Als Gegenleistung sicherte die EU dem Land eine Ausweitung der Beitrittsverhandlungen und drei Milliarden Euro für Flüchtlingshilfe zu.
Die Beitrittsgespräche mit der Türkei hatten zuletzt vor allem wegen der Frage der Anerkennung des EU-Mitglieds Zypern de facto auf Eis gelegen. Die Türkei ist offiziell bereits seit 1999 Kandidat für einen EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber verhandelt. Bei den jetzt eröffneten Gesprächen geht es darum, dass Ankara zum Beispiel gewährleistet, dass die Zentralbank unabhängig ist und nicht zur direkten Finanzierung des öffentlichen Sektors genutzt wird. Die Beitrittsgespräche sind in 35 sogenannte Kapitel unterteilt. Insgesamt sind jetzt 15 eröffnet.
Beitrittsverhandlungen auch mit Serbien
Neben den neuen Gesprächen mit der Türkei wurden am Montag auch offiziell die Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkan-Staat Serbien aufgenommen. Im Mittelpunkt stehen dabei zunächst das noch immer schwierige Verhältnis Serbiens zum Kosovo und das Thema Finanzkontrolle.
„Das ist ein bedeutender Tag, ein Tag, an dem wir Geschichte schreiben“, kommentierte der serbische Regierungschef Aleksandar Vučić am Montagabend in Brüssel. „Wir müssen jetzt nicht mehr von der EU träumen, sondern nur noch hart arbeiten.“ Er hoffe darauf, dass sein Land bis 2019 alle Bedingungen für einen Beitritt erfüllen werde.
Der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn sagte dazu: „Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel.“ Es gebe zwar „kein Geschwindigkeitslimit in Bezug auf den Beitrittsprozess“, aber „eine bestimmte Wegstrecke“, die jeder Kandidat zurücklegen müsse.
Ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Serbien jemals zum Abschluss geführt werden, ist damit noch unklar. Die Gespräche würden ergebnisoffen geführt, unterstrich EU-Kommissar Hahn. Die EU sei beispielsweise nicht mehr bereit, ein Mitglied aufzunehmen, das wie Serbien Grenzprobleme mit Nachbarn habe.