Für die russischen Jagdbomber ist es ein leichtes Spiel, amerikanische Kampfschiffe vor der syrischen Küste zu versenken. Dies posaunen russische Zeitungen und Blogger heraus, seit US-Präsident Donald Trump einen weiteren Tomahawk-Angriff auf Syrienin Erwägung gezogen hat.
Selbst renommierte Blätter schreiben, eine Su-24 könne einen US-Zerstörer wie die „Donald Cook“ im Nu neutralisieren. Dafür müsse der russische Jagdbomber erst seine Mittel der elektronischen Kampfführung einsetzen, um die Bordelektronik der Schiffe durch starke Störsignale „blind zu schießen“. Danach sei es für die russischen Kampfjets – ob Su-24, Su-34 oder Mehrzweckjäger Su-30 und Su-35 – kein Problem mehr, die Zerstörer mit den Antischiffsraketen Ch-35 in den Meeresgrund zu bohren.
Über so viel pseudopatriotische Wichtigtuerei können Experten nur den Kopf schütteln. Der Vize-Direktor des Zentrums für Technik- und Strategieauswertung, Sergej Denisenzew, bezeichnet solche Berichte als „verdrehten Blödsinn“. Um die Bordelektronik und die Radaranlagen eines Zerstörers außer Betrieb zu setzen, seien Anlagen ähnlicher Größenordnung nötig. Die Störsysteme der russischen Jagdbomber seien indes nur darauf ausgelegt, Boden-Luft- oder Luft-Luft-Raketen zu verwirren und von ihrem Ziel abzubringen. „Die Zeitungsredakteure haben nur eine ungefähre Vorstellung von der Funktionsweise eines EloKa-Moduls und schreiben deshalb allerlei Unsinn über ‚Störkuppeln‘ und ‚ausgebrannte Elektronik‘“, so der Fachmann.
Um bei diesem Thema den Überblick nicht zu verlieren, müsse man Folgendes wissen, sagt der Experte: „Die Wirkung einer Anlage zur elektronischen Kampfführung hängt unter anderem unmittelbar von ihrer Größe ab. Dass ein Kampfschiff größere Systeme an Bord hat als ein Flugzeug, ist ja wohl klar.“ Es sei daher eher wahrscheinlich, dass die „Donald Cook“ die Bordelektronik der russischen Jagdbomber lahmlegt als umgekehrt.
Erfahrene Kampfpiloten stützen die Analyse des Experten:
„Die Radaranlagen eines Kampfschiffes sind hundert, tausend Mal stärker als die eines Kampfjets. Die Schiffsradare funktionieren in mehreren Frequenzbereichen. Wird eine Frequenz gestört, schaltet das Schiff auf eine andere um und erkennt den Jagdbomber trotzdem“, sagt ein russischer Ex-General der Marineflieger.
Aber ein Schiffsverband würde einen Kampfjet auch gar nicht so nah heranlassen, dass dessen Störsignale wirksam werden könnten. „Bei einem Schlag gegen Syrien würden die Amis ganz bestimmt fünf bis sechs Kampfjets am Himmel halten, zur Dauerpatrouille über den Zerstörern. Auch würde mit Sicherheit eine AWACS-Maschine patrouillieren. Sobald die US-Amerikaner einen Angriff auf ihre Zerstörer feststellen, bringen sie weitere Jets in Luft. Genug Stützpunkte haben sie in dieser Region ja“, so der Ex-General.
Dass amerikanische Schiffsverbände eine faktisch unnahbare Festung sind, verdeutlicht ein Beispiel aus der Sowjetzeit: „Für einen simulierten Angriff auf einen Flugzeugträgerverband schickten die Marineflieger mindestens eine Division. Einen kleineren Verband einzusetzen, macht gar keinen Sinn. Es starteten also gleichzeitig 100 Tu-16-Bomber, jeder bewaffnet mit drei Antischiffsraketen. Selbst diese Armada konnte einen Flugzeugträger nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 18-22 Prozent außer Betrieb setzen“, erklärt der Offizier. Und es sei wirklich nur darum gegangen, den gegnerischen Flugzeugträger nur zeitweilig außer Gefecht zu setzen. „An eine Vernichtung war nicht zu denken. Dabei war davon auszugehen, dass von unserer Bomberarmada nichts übrigbleiben würde.“
Russlands heutige Luftwaffe würde den Überschallbomber Tu-22M3 zu diesem Zweck einsetzen. Nur: „Die russischen Streitkräfte haben weit weniger dieser Maschinen im Einsatz als die Marinefliegerkräfte zu Sowjetzeiten. Die Zahl der US-Flugzeugträger ist aber nicht zurückgegangen“, fügt der Ex-General an.
Alles in allem muss man festhalten, dass Russlands Möglichkeiten für einen Gegenangriff auf US-Zerstörer, geschweige denn auf den Flugzeugträger, der gerade ins Mittelmeer eilt, definitiv unzureichend sind. Alles, was den russischen Piloten bleibt, ist es, einem US-Angriff auf Syrien stillschweigend zuzuschauen und die eigenen Stützpunkte auf syrischem Boden vor fehlgeleiteten Flugkörpern zu schützen.
sputniknews
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