Erdogan hatte am Mittwoch überraschend Neuwahlen verkündet, nachdem sich sein Verbündeter Devlet Bahceli am Vortag dafür ausgesprochen hatte. Mit der Wahl wird die umstrittene Verfassungsreform zur Einführung eines Präsidialsystems vollständig in Kraft treten. Die Verfassungsreform war vor einem Jahr bei einem Volksentscheid mit knapper Mehrheit gebilligt worden.
Mit dem neuen System werden die Befugnisse des Präsidenten erheblich ausgeweitet, doch betonte Erdogan am Freitag, dass es ihm bei den Neuwahlen nicht um seine eigene Macht gehe. "Mir bleiben noch anderthalb Jahre meines Mandats. Ginge es um meine Ambitionen, hätte ich weiter machen können", sagte er. Vielmehr zwinge ihn die politische Lage zu dem Schritt.
"Die Politik im In- und Ausland sowie die militärischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zeigen uns die hohen Kosten, die es haben würde, mit dem aktuellen System weiterzumachen", sagte Erdogan bei einer Rede in Istanbul.
Viele Beobachter glauben, dass Erdogan mit den frühen Neuwahlen einer Abkühlung der Wirtschaft zuvorkommen und die Stimmung nutzen will, die seit der türkischen Offensive gegen die terroristische YPG-Miliz in Afrin das Land erfasst hat. Die Opposition fühlt sicht zum Teil überrumpelt, und muss nun rasch Kandidaten aufstellen.
Die links-nationalistische CHP will am kommenden Dienstag ihren Kandidaten bekannt geben. Auch die HDP muss noch einen Kandidaten nominieren. Die IYI-Partei schickt ihre Vorsitzende Meral Aksener ins Rennen, doch ist noch unklar, ob die neu gegründete Partei zugelassen wird. Wenn Erdogan die Wahl nicht in der ersten Runde gewinnt, muss er in die Stichwahl. Diese soll am 8. Juli stattfinden.
Quelle: dailysabah
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