RWE zieht bei Pannenkraftwerk den Stecker

  18 Dezember 2015    Gelesen: 772
RWE zieht bei Pannenkraftwerk den Stecker
Erst war die Qualität des Stahls schlecht, dann gelangte Salzsäure in die Rohre. Beim milliardenschweren Kohlekraftwerk Hamm reihte sich eine Panne an die andere. Jetzt legt RWE einen Block still - und streitet mit GE.
Der 29. August 2008 war für den damaligen RWE-Chef Jürgen Großmann ein richtiger Festtag. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel war ins westfälische Hamm gekommen, der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rütgers, auch und 300 wichtige Vertreter aus Politik und Wirtschaft. „Den Grundstein für das Kraftwerk Westfalen hier und heute zu legen, ist in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Entscheidung: für den Standort Deutschland, für das Energieland NRW, für diese Region und ihre Menschen“, jubelte Großmann. Merkel fiel in die Lobeshymnen ein und sprach von einem „wunderbaren Projekt“.

Der Grundstein, den Merkel und Großmann damals feierlich legten, liegt auch noch. Das Projekt wird aber nie komplett fertig gestellt werden. Einer von zwei Blöcken, Block D, wird endgültig still gelegt. „Grund für diese Entscheidung ist, dass die Fertigstellung der Anlage ökonomisch nicht zu vertreten ist“, teilte RWE am Freitag mit. RWE zog damit die Konsequenzen aus einer beispiellosen Pannenserie. Der Schaden dürfte sich auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag summieren. RWE versucht ihn auf Versicherungen und den Kraftwerksbauer Alstom, der jetzt zu General Electric gehört, abzuwälzen.

Block D war für eine Leistung von 800 Megawatt ausgelegt und sollte genug Strom liefern, um mehr als 1,5 Millionen Haushalte zu versorgen. Für beide Blöcke war eine Investition von zwei Milliarden Euro angesetzt. Schon jetzt wurden aber mehr als 2,5 Milliarden Euro ausgegeben.

Eigentlich sollten beide Blöcke 2012 in Betrieb gehen. RWE konnte Block E aber erst 2014 ans Netz nehmen, bei Block D gelang das abgesehen von einem kurzen Probebetrieb bis heute nicht.

Zunächst wurde der Bau unter anderem durch den Einsatz minderwertigen Stahls verzögert. Dann kam es 2013 beim Probetrieb von Block D zu einem fatalen Fehler, der jetzt schuld für das endgültige Aus sein dürfte. In die Kesselrohre, in denen unter hohen Temperaturen und Druck aus reinstem Wasser Dampf erzeugt werden soll, wurden große Mengen Chemikalien, darunter Salzsäure eingeleitet. Salzsäure ist nötig, um Wasser für den Einsatz im Kessel aufzubereiten und von Mineralien zu befreien. Der Stoff selbst hat in den Rohren aber nichts zu suchen. Offenbar wurde die Reinigungslösung nicht ausreichend getrennt.

Durch die Verzögerungen habe sich „die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerksblocks deutlich verschlechtert“, erklärte RWE jetzt. Gleichzeitig hätten sich die Strom-Großhandelspreise „in einem geänderten energiepolitischen Umfeld mehr als halbiert“. Eine Reparatur der Anlage sei umfassend geprüft worden. „Sie wäre nur unter Inkaufnahme erheblicher weiterer Verzögerungen und technischer Unwägbarkeiten möglich gewesen.“

RWE hatte aber nicht nur mit dem Kraftwerk Ärger, sondern auch mit seinen Geschäftspartnern. An dem Projekt für das Gemeinschaftskraftwerk Steinkohle (Gekko) waren auch 23 Stadtwerke beteiligt, die 23 Prozent der Kosten trugen. Großmann wollte damit der langen Partnerschaft mit den Kommunen an Rhein und Ruhr einen neuen Impuls geben. Die Partnerschaft endete aber im Fiasko. Die Stadtwerke mussten Millionen abschreiben. Erst vor wenigen Tagen wurde die Partnerschaft gelöst.

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