Die Historikerin betonte, dass Ende des 20. Jahrhunderts Russland im Chaos versunken und damals ignoriert worden sei.
„Russland hatte 1991 von der Sowjetunion den ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat geerbt. Als die Nato beschloss, Belgrad zu bombardieren, hätte man eigentlich den Sicherheitsrat einschalten müssen. Die Nato-Staaten verzichteten darauf und das war für Putin, der damals, im Frühling 1999, den Inlandgeheimdienst leitete, ein Wendepunkt. Man habe Russland zeigen wollen, wie unwichtig es sei, sagte er einmal. Wenig später war er Ministerpräsident und dann Präsident. Sein Ziel war einfach: Russland sollte nie mehr übergangen werden“, äußerte Carrère d’Encausse gegenüber der „Basler Zeitung“.
Sie merkte an, Putin halte Russland für eine Großmacht. Als er an die Macht gekommen sei, hätte er den Zerfall stoppen wollen und dafür einen starken Zentralstaat aufgebaut, was eine Konstante der russischen Geschichte sei, so Carrère d’Encausse. „Russland hat 100 Völker. Es braucht ohne Zweifel eine starke Regierung“.
Die Historikerin unterstrich, sie versuche, den russischen Präsidenten gerecht zu beurteilen. „Er liebt sein Land und tut, was er für richtig hält, um es zusammenzuhalten und zu schützen. Das ist der Grund, weshalb er in der Bevölkerung populär ist“.
Was die Verschärfung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen angeht, betonte Carrère d’Encausse, dass die Verhandlungen und Suche nach Kompromissen notwendig seien.
„Putin ist kein irrationaler Mensch, man kann mit ihm reden. Die Sanktionen bringen dem Westen nichts, eher im Gegenteil: Er verliert einen Partner, der in anderen Fragen nützlich sein kann“, sagte die Historikerin.
Die Sanktionen würden Russland zu einer Wirtschaftsreform zwingen. Am Ende könnte Russland sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen, so Carrère d’Encausse.
sputnik.de
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