CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht in Deutschland eine "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie" am Werk, die durch Klagen Abschiebungen von Flüchtlingen zu verhindern sucht. Es sei ist nicht akzeptabel, dass dadurch "bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird", sagte Dobrindt der "Bild am Sonntag". Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.
Der CSU-Politiker bezog sich dem Bericht zufolge auf die Vorfälle in Ellwangen, wo 150 bis 200 Flüchtlinge am vergangenen Montag teils gewaltsam verhinderten, dass die Polizei aus einer Unterkunft einen Mann aus Togo abholte, der nach Italien abgeschoben werden soll. Der 23-Jährige wurde dann bei einem Großeinsatz am Donnerstag doch gefasst, er sitzt inzwischen in Abschiebehaft. Der Mann wehrt sich jedoch mit rechtlichen Schritten gegen seine Abschiebung.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte von einem "Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung" gesprochen. Er will bis Ende Mai einen Masterplan für schnellere Asylverfahren und Abschiebungen vorlegen.
Mit der derzeitigen Abschiebepraxis sind die Deutschen einer Umfrage zufolge mehrheitlich unzufrieden. 81 Prozent hielten den Staat bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber für überfordert, ergab eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die "Bild am Sonntag" vom Donnerstag. Nach dem Vorfall von Ellwangen haben demnach nur zwölf Prozent der Befragten nicht den Eindruck, dass der Staat überfordert sei. Sieben Prozent waren sich unsicher oder haben keine Angabe gemacht.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte zuletzt vor einer Instrumentalisierung der Vorfälle in der Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen gewarnt. Der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation, Günter Burkhardt, sagte der "Heilbronner Stimme: "Ich habe den Eindruck, der Vorfall wird jetzt dafür genutzt, um der Idee von sogenannten Ankerzentren den Weg zu bereiten."
Burkhardt lehnte diese vom Bund geplanten Asyl- und Abschiebezentren ab. Man werde eine sehr große Zahl von Menschen aus diesen Zentren nicht abschieben können, sagte er und warnte: "Wer Menschen über viele Monate in Ankerzentren einsperrt, zerstört dadurch jegliche Integrationsperspektive. Nach eineinhalb Jahren der Isolierung wird es enorm schwierig, dass die Menschen in einem normalen Leben Fuß fassen."
Quelle : spiegel.de
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