Andy Palmer zählt in der Autobranche zu jenen Managern, die sich nicht hinter schwülstigem Marketing-Kauderwelsch verstecken. Der Mann redet Klartext. Palmer ist Chef von Aston Martin und sichtlich stolz auf die 104 Jahre alte Marke aus Großbritannien. Kann er auch. Denn der Laden läuft wie geschmiert, verdiente 2017 wieder Geld und erreichte einen Rekordumsatz.
2015 hatte Palmer seinen sogenannten "Second Century Plan" präsentiert, gab sich und seinen Leuten zwei Jahre Zeit zur "Stabilisation" der Firma. "Den Patienten im Hospital wieder fit machen", nennt Palmer diesen ersten Teil seiner Strategie. Er setzt flachere Strukturen durch, bezahlt Schulden ab, lässt Plattformen entwickeln und hat keine Probleme damit, in künftige Modelle deutsche Motoren einzubauen. "Der V8 von Mercedes-AMG ist das Beste, was es in diesem Segment auf dem Markt zu kaufen gibt", so Palmer. Daimler ist mit fünf Prozent an Aston Martin beteiligt, der Rest ist in Privathand, gehört Equity Investoren aus Kuwait und Italien.
Größere Diversifizierung
Mit dem DB11 begann Ende 2016 der Auftakt zu einer Serie von neuen Modellen. Dem schicken Gran Turismo sollen nicht weniger als sechs Baureihen folgen, nicht mitgerechnet sind Derivate wie Roadster oder spezielle Motorisierungen. Kurz vor seiner Markteinführung steht der Vantage. Er tritt das Erbe des Bestsellermodells von Aston Martin an und ist vor allem gegen Porsche 911 und Mercedes-AMG GT positioniert.
Während sich in der Vergangenheit einige Baureihen recht ähnlich, viele sagen zu ähnlich sahen, soll dies zukünftig nicht mehr passieren, verspricht zumindest Chefdesigner Marek Reichman, der 2005 bei Aston Martin die Nachfolge von Henrik Fisker antrat. "Die Zeit der russischen Puppen ist vorbei", sagt Reichman. Damit dürfte besonders der Auftritt des nächsten Vanquish spannend werden, der noch in diesem Jahr vorgestellt wird. Ausschließlich mit einem V12-Motor bestückt, bildet er das Topmodell der GT-Fahrzeuge und soll hauptsächlich Interessenten locken, die sonst mit einem Ferrari 812 Superfast liebäugeln.
Dass es zur weiteren Gesundung aber einer größeren Diversifizierung im Modellportfolio bedarf, deutete Aston Martin schon 2015 auf dem Genfer Autosalon mit der Crossover-Studie DBX an. Ende 2019 soll das erste SUV der Marke in Serie gehen. Der Allradantrieb, Debüt bei Aston Martin, kommt wie Motor und Elektronik von Mercedes. Für den DBX bauen die Briten derzeit eine neue Fertigungsstätte in St. Athan in Wales. Die Planungen sehen ein Produktionsvolumen von anfänglich jährlich 5000 Fahrzeugen vor, fast so viele, wie Aston Martin im vergangenen Jahr überhaupt verkauft hat. "Bei Bedarf lässt sich St. Athan noch um 2000 Einheiten erweitern, sagt Palmer. Zusammen mit dem Stammwerk in Gaydon wäre man dann bei 14.000 Fahrzeugen.
Enthalten sind in dieser Zahl auch die Modelle fünf, sechs und sieben. Nummer fünf lebt ab 2020, trägt die interne Bezeichnung AM9 und ist ein sogenanntes "mid-engine car". Das fehlte bislang. In Design und Konzeption ähnelt das Modell den Kontrahenten Ferrari 488 GTB und McLaren 720 S. Welchen Namen die Serienversion tragen wird, mag Palmer noch nicht verraten.
Lagonda ausschließlich mit E-Autos
Wohl aber, dass man die Hausmarke Lagonda wiederbeleben will. In Genf stand hierzu bereits eine Studie. 2021 soll es mit einem Crossover losgehen, kurz danach ist dann eine Luxuslimousine in der Größe einer Mercedes S-Klasse dran. Beide Modelle fahren ausschließlich elektrisch. Stromautos sind für Aston Martin fester Bestandteile der Zukunftsstrategie. Schon nächstes Jahr will man mit dem RapidE den Schalter umlegen. Die sportlich geschnittene Limousine wird es in einer Auflage von nur 155 Einheiten geben. Die Zahl wurde in Anlehnung an die Höchstgeschwindigkeit (155 mph) des RapidE gewählt. Alle Verbrenner erhalten bis 2025 optional ein 48-Volt-Mildhybrid-System. Den Plug-in-Hybrid schließt Palmer aus. "Viel zu schwer." Ebenso geht sein Daumen für Diesel, Vier- und Sechszylinder sowie für die Brennstoffzelle nach unten.
Lagonda soll dort starten, wo Tesla aufhört. Palmer nennt die Kalifornier "Premium", nicht "Luxus" und schiebt den Lagonda preislich in Richtung 300.000 Euro. Sorgen um potenzielle Kunden macht sich der 54-jährige Manager nicht. "Weltweit gibt es über 16 Millionen High Net Worth Individuals. Sie haben mehr als eine Million Dollar in bar zur Verfügung, um sich dafür etwas Nettes zu kaufen."
Für den Valkyrie, den Aston Martin bis Ende 2019 in einer Auflage von 150 Stück gebaut haben will, reicht selbst diese Summe nicht. Der Zwölfzylinder-Supersportwagen kostet mindestens 2,5 Millionen britische Pfund – und ist ausverkauft. Gleiches gilt für den ebenfalls limitierten (25 Exemplare) und 1000 PS starken Boliden Valkyrie AMR Pro. Das Hypercar entsteht in Zusammenarbeit mit dem Red-Bull-Formel-1-Team, wird ab 2020 ausgeliefert und soll rund drei Millionen Pfund kosten.
Quelle: n-tv.de
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