Im Zentrum des russischen Kurorts Gorjatschi Kljutsch (Region Krasnodar am Schwarzen Meer) ist eine Bronze-Figur zu sehen: Eine Frau sitzt auf einer Bank, neben ihr liegt ein durchschossener Soldatenhelm. Über die Geschichte dieses Denkmals berichtet die Zeitung „Argumenty i Fakty“.
Die Skulptur befindet sich nahe dem Ewigen Feuer, einem traditionellen Ehrenmal für gefallene Soldaten, und man hätte auf den ersten Anblick denken können, dass sie vom Konzept her alle Frauen allgemein verkörpert, die ihre Verwandten und Liebsten im Krieg verloren hatten. Doch das ist ein Denkmal für eine konkrete Person, und zwar für Arschaluis Chanschijan.
Ihr Vater Kework hatte einst mit seiner Ehefrau und mit insgesamt zwölf Kindern die Türkei verlassen, um sich vor dem Armenier-Genozid zu retten, und ließ sich am kleinen südrussischen Fluss Tschepsi nieder. Die Familie lebte in einem abgelegenen Einzelgehöft.
Im Herbst 1942 wurde in der Region hart gekämpft: Die Hitler-Truppenwollten die Hafenstädte Noworossijsk und Tuapse einnehmen. Die älteren Söhne von Kework waren in der Roten Armee. Im Familienhaus wurde unterdessen eine Sanitätsstelle für verletzte sowjetische Soldaten eingerichtet. Die damals 28-jährige Arschaluis half den Ärzten.
Später erzählte sie in einem Interview:
„Die Soldaten hatten es schwer. Nachts schrien sie vor Schmerz und riefen um Hilfe. Jeden Tag brachte ich ihnen Maisbrot, Kartoffeln, Äpfel. Ich legte ihnen Verbände an und saß bis spät in die Nacht bei ihnen.“
Jene Soldaten, die an ihren Wunden starben, wurden in der Nähe begraben. Als die sowjetischen Truppen zur Offensive übergingen, verließ die Sanitätsstelle das Haus – und die Frau pflegte die Massengräber weiter. Das tat sie auch nach dem Krieg. Dabei weigerte sie sich, das Gehöft zu verlassen, und lebte dort zurückgezogen, obwohl ihre Verwandten inzwischen bereits in einem benachbarten Dorf lebten und auf sie warteten. Sie hatte auch keinen Ehemann, da sie alle Heiratsangebote ablehnte.
Im Jahr 1956 sagte sie dem Bericht zufolge ihrem sterbenden Vater:
„Ich will dich nicht vor deinem Tod betrügen: Ich werde nirgendwohin gehen, denn ich habe den Soldaten einen Schwur geleistet und werde an ihren Gräbern bleiben.“
Sie hielt ihr Wort. Jahrzehntelang pflegte sie die Soldatengräber, ohne eine Ehrung dafür zu erwarten. Erst in den 1970er Jahren erfuhren die Behörden von diesen Gräbern und halfen seitdem bei der Pflege. In den 1980er Jahren wurde dort ein Denkmal für die Gefallenen aufgestellt.
Die Frau starb im Februar 1998 und wurde, so der Zeitungsbericht weiter, entsprechend ihrem Wunsch an den Soldatengräbern bestattet, die sie mehr als ein halbes Jahrhundert lang gepflegt hatte. Nach ihrem Tod spendeten Bewohner der Region Geld, um die „Soldaten-Braut“ zu verewigen. So entstand letztendlich ihre Bronze-Figur.
sputnik.de
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