Italien kurz vor neuer Regierung - Sorge in Brüssel wächst 

  21 Mai 2018    Gelesen: 813
Italien kurz vor neuer Regierung - Sorge in Brüssel wächst 

Italiens Populisten sind fast am Ziel: Noch am Montag wollen sich Lega Nord und Fünf-Sterne-Bewegung vom Staatschef den Regierungsauftrag abholen. Ihr Kurs sorgt bei der EU weiter für größtes Unbehagen.

 

Mehr als zwei Monate haben die italienische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtspopulistische Lega Nord um einen gemeinsamen Kurs gerungen - nun geht es in die entscheidende Phase. Am Montagnachmittag werden Gespräche beim Präsidenten erwartet. Dabei wollen die neuen Partner Staatschef Sergio Mattarella ihr Regierungsprogramm vorstellen und ihm einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen. Unklar ist, ob Mattarella noch am Montag einen Regierungsauftrag erteilen würde, sollten die Gespräche stattfinden.

Nach der Besiegelung des Koalitionsvertrags am Freitag hatten die europakritischen Parteien am Wochenende wichtige Hindernisse für eine Regierung beseitigt. Durch die Übereinkunft der Populisten könnte Italien nach der Wahl am 4. März doch noch eine gewählte Regierung bekommen.

Für das Ministerpräsidentenamt wurden in der italienischen Presse unter anderen der Jurist Giuseppe Conte, der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Roventini und Ex-Industrieminister Paolo Savona gehandelt.

Die Koalition wird in der EU mit Skepsis betrachtet, da diese die Interessen Italiens in den Mittelpunkt stellen will und eine Abkehr vom Sparkurs plant. Italien gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Staatsverschuldung.

Appell an die Vernunft

Entsprechend klar sind die Warnungen aus Brüssel. So appelliert der CSU-Europapolitiker Manfred Weber an die künftigen Regierungspartner, die Debatte über den Euro und seine Regeln sofort zu stoppen. "Das ist ein Spiel mit dem Feuer, weil Italien hochverschuldet ist", sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei der Deutschen Presse-Agentur. "Irrationale oder populistische Aktionen könnten eine neue Eurokrise hervorrufen. Deswegen kann man nur appellieren und sagen: Bleibt im Bereich der Vernunft."

Lega und Fünf-Sterne-Bewegung hatten in ihrem 58-seitigen Koalitionsvertrag vereinbart, die europäischen Verträge mit Blick auf Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit "neu zu diskutieren". In der EU besteht die Sorge, dass eine neue Regierung aus Populisten und Rechtsextremen sich über die Stabilitäts- und Schuldenregeln in der EU einfach hinwegsetzen könnte.

Kritik aus Frankreich - mit deutlicher Antwort aus Italien

Scharfe Töne kamen zuletzt auch aus Frankreich. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte am Sonntag: "Wenn die neue Regierung es riskiert, ihre Verpflichtungen zu Schulden und Defizit nicht einzuhalten, aber auch die zur Sanierung der Banken, wird die gesamte finanzielle Stabilität der Eurozone bedroht sein." Jeder in Italien müsse verstehen, dass Italiens Zukunft in Europa sei, dass dazu aber Regeln eingehalten werden müssten.

Lega-Chef Matteo Salvini bezeichnete Le Maires Äußerungen wenig später als "inakzeptabel". "Die Franzosen sollen sich um Frankreich kümmern und ihre Nase nicht in die Angelegenheiten anderer stecken", so Salvini.

spiegel


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