Im nach wie vor ungelösten Asylstreit mit der CSU sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Hochdruck nach einer europäischen Lösung der Krise. Nach einem Gespräch mit dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am Montagabend trifft sich die Kanzlerin heute im Gästehaus der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die CSU hatte Merkel am Montag eine Frist von zwei Wochen zugebilligt, um bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten zu schließen. Dabei geht es um Asylbewerber, die in einem anderen EU-Land schon registriert sind.
Sollte Merkel bis zum EU-Gipfel Ende Juni keinen Erfolg haben, werde er im nationalen Alleingang Zurückweisungen an der Grenze anordnen, machte Innenminister Horst Seehofer deutlich. Merkel lehnt dies bislang strikt ab. Sie drohte für den Fall eines Alleingangs des Bundesinnenministers indirekt mit der Entlassung Seehofers - dann wäre die Koalition am Ende.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder rechnet nicht mit einem Erfolg der Kanzlerin. "Wir glauben nicht daran, dass innerhalb von zwei Wochen europäische Lösungen zustande kommen - das hat drei Jahre lang nicht funktioniert", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in München. "Wenn es tatsächliche eine wirksame europäische Regelung gibt, ist es gut. Aber es darf nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden. Unverbindliche Absichtserklärungen, die am Ende keine Lösungen bringen, sind nicht ausreichend. Wir brauchen keine Scheinlösungen, sondern echte Grenzsicherungen."
Druck und Zustimmung für Merkel aus der CDU
Der CDU-Innenpolitiker Stephan Harbarth plädierte dafür, der Kanzlerin ausreichend Zeit für eine europäische Lösung zu geben. Merkel wolle die Chancen für eine solche Lösung ausloten. "Und diese Zeit sollten wir uns nehmen. Es kommt im Augenblick gewiss nicht auf zwei oder drei Wochen an."
Unterstützung erhielten Seehofer und die CSU vom CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor, der Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen als "sinnvolles Instrument" bezeichnete. "Zumindest inhaltlich deckt sich Seehofers Haltung mit dem Mehrheitswillen, den ich in meinem Wahlkreis und an meiner Parteibasis spüre", sagte der 25-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern. Zugleich gab sich Amthor zuversichtlich, dass die Kanzlerin die schwierigen Debatten der vergangenen Tage noch zum Positiven wenden könne.
Ähnlich äußerte sich CDU-Vize Armin Laschet am Montagabend in der ARD. "Ich glaube, dass Ergebnisse erzielbar sind", meinte er mit Blick auf die Bemühungen der Kanzlerin um eine europäische Einigung in der Flüchtlingspolitik. "Und in diesem Lichte werden wir dann entscheiden."
Liberale verlangen Regierungserklärung
Die FDP forderte Merkel auf, nach dem EU-Gipfeltreffen Ende Juni in einer Regierungserklärung die Ergebnisse zu erläutern. Ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Marco Buschmann sagte: "CDU und CSU haben mit ihrem Verhalten dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni 2018 das Siegel eines Schicksalstages auf die Stirn gebrannt. Die deutsche Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, schnell und umfassend über die Ergebnisse aufgeklärt zu werden. Wir verlangen daher direkt im Anschluss eine Regierungserklärung dazu im Deutschen Bundestag."
Merkel hatte am Montag erklärt, dass es auch bei einem Scheitern der EU-Verhandlungen Ende Juni keinen automatischen Start der Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen geben werde. Die CDU wolle dann zunächst am 1. Juli in Präsidium und Vorstand beraten. Dagegen will Seehofer bereits jetzt Vorbereitungen für solche Zurückweisungen treffen, falls der EU-Gipfel aus CSU-Sicht kein "wirkungsgleiches" Ergebnis erzielt.
Quelle: n-tv.de
Tags: