Regierung gibt 343,6 Milliarden Euro aus

  28 Juni 2018    Gelesen: 854
Regierung gibt 343,6 Milliarden Euro aus

Fast 14 Stunden dauert es, dann ist der Bundeshaushalt beschlossene Sache. Die Große Koalition wird voraussichtlich ohne neue Schulden auskommen und trotzdem mehr ausgeben. Die Opposition kritisiert eine Umverteilung nach Gießkannenprinzip.

Der erste Bundeshaushalt der neuen Bundesregierung steht: Er sieht keine neue Schulden und Ausgaben von insgesamt 343,6 Milliarden Euro vor - 2,6 Milliarden Euro mehr als bisher geplant. Das ergab die "Bereinigungssitzung" des Haushaltsausschusses des Bundestags, bei der in einer fast 14-stündigen Sitzung die letzten Details des Haushalts geregelt wurden. Die Sitzung dauerte von 13 Uhr am Mittwoch bis 2.45 Uhr nachts.

Wegen steigender Steuereinnahmen hatte sich der Spielraum gegenüber dem Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch einmal etwas erweitert. Zuletzt mussten auch noch kostenintensive Änderungen etwa beim Baukindergeld für Familien eingearbeitet werden. Es dürfte bis 2021 mindestens 2,7 Milliarden Euro kosten, viel mehr als von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Wegen der Mehrausgaben läuft die Große Koalition große Gefahr, ihre selbstgesteckte 46-Milliarden-Obergrenze für neue Ausgaben bis 2021 zu sprengen.

Derzeit belaufe sich die Summe prioritärer Maßnahmen auf mindestens 47 Milliarden Euro und übertreffe damit deutlich die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags von Union und SPD, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Haushaltsausschusses. Wegen der langen Regierungssuche gab es erst Mitte März eine Regierung - daher erfolgt auch erst jetzt der Beschluss für den Haushalt 2018. Nach und nach mussten die Bundesminister mit den Haushältern ihre Etats durchgehen und Änderungswünsche erläutern.

Da die Einnahmen in der gleichen Höhe wie die Ausgaben liegen, schreibt Scholz die von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble etablierte "schwarze Null" fort, also den Staatshaushalt ohne neue Schulden. An Steuereinnahmen rechnet Scholz in diesem Jahr mit rund 321,3 Milliarden Euro, hinzukommen andere Erträge des Staates. Kein zusätzliches Geld für 2018 konnten in den Beratungen das Verteidigungs- und Entwicklungsministerium herausschlagen, die aber für die kommenden Jahre auf höhere Zahlungen aus dem Finanzressort hoffen. Das Kabinett will sich voraussichtlich Ende kommender Woche mit dem Bundeshaushalt 2019 befassen.

Baukindergeld wird teuer


Wegen der gestiegenen Anforderungen soll die Bundespolizei 3075 und das Bundeskriminalamt 525 zusätzliche Stellen bekommen. Zur Bewältigung der Hunderttausenden Asylverfahren bekommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 1650 neue Stellen, knapp 4500 Stellen sollen entfristet werden. Der Zoll soll rund 1400 und bis 2021 insgesamt 6100 neue Stellen bekommen, um Schmuggel und Kriminalität zu bekämpfen und um besser kontrollieren zu können, ob die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns eingehalten wird.

Besonders teuer schlagen die bei einem Koalitionsspitzentreffen von Kanzlerin Merkel, Finanzminister Scholz und Innen- und Bauminister Horst Seehofer verabredeten Ausgaben in der Wohnungspolitik zu Buche. Wegen der vereinbarten Aufhebung von Auflagen bei der Quadratmeterzahl geplanter Hausneubauten und Wohnungskäufe wird das Baukindergeld viel teurer als geplant. Statt der zunächst veranschlagten knapp 2 Milliarden Euro (inklusive Ausgaben für Abschreibungen bei Renovierungen und für energetische Gebäudesanierungen) wird allein das Baukindergeld bis 2021 mindestens 2,7 Milliarden Euro kosten. Das ist noch die untere Grenze.

"Jetzt sind alle Dämme offen", hieß es von Haushältern, da es keine Beschränkungen mehr gebe, außer dass das Einkommen eines Familienhaushalts nicht 75.000 Euro plus 15.000 Freibetrag je Kind übersteigen darf. Scholz wollte den Bezug daran koppeln, dass die Wohnfläche der Immobilie nicht 120 Quadratmeter übersteigt. Die Zuschüsse sollen rückwirkend für alle ab Januar erfolgten Kauf- und Bauverträge beantragt werden können. Das Programm soll bis Ende 2020 laufen, dann können letztmals Anträge gestellt werden.

Es gibt insgesamt 12.000 Euro pro Kind, gezahlt über zehn Jahre. Dadurch könnten es bis zum endgültigen Auslaufen der letzten Förderzahlungen Ende 2030 sogar zehn Milliarden Euro an Kosten werden. Die SPD sieht das Projekt kritisch, da auch Bürger mit niedrigen Einkommen die steuerfinanzierte Subvention mitfinanzieren, auch wenn sie sich selbst nicht einmal mit Baukindergeld Wohneigentum leisten können. Im Gegenzug wurden 500 Millionen Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau zugebilligt.

"Das wird die Welt unsicherer machen"


Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, erklärte nach dem Ende der Bereinigungssitzung, es handele sich um einen "Haushalt ohne Zukunft". Bundesfinanzminister Scholz verwaltete lediglich "den Status Quo" seines Vorgängers Schäuble. Kindler kritisierte vor allem, dass der Verteidigungsetat um 20 Milliarden Euro bis 2021 im Vergleich zu 2017 steige und damit "massiv aufgebläht" worden sei. Dagegen würden die Ausgaben für das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium in der Summe um 580 Millionen Euro bis 2021 sinken. "Das ist eine verheerende Prioritätensetzung, das wird die Welt unsicherer machen". Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke monierte eine Umverteilung nach dem Gießkannenprinzip. "Das ist ein Haushalt der Unklarheit und der vertanen Chancen."

Dagegen lobte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, das Budget, das Ausgaben und Einnahmen von jeweils 341 Milliarden Euro vorsieht. "Unter Beibehaltung der Schwarzen Null haben wir wichtige Änderungen vorgenommen", erklärte Rehberg. Die Investitionen würden "noch einmal um 2,8 Milliarden Euro auf 39,8 Milliarden Euro" erhöht. Auch beim Baukindergeld halte die Große Koalition Wort. "Der Beschluss des Koalitionsausschusses ist wie vereinbart ohne Wohnflächenbegrenzung in den Haushalt eingearbeitet."

Quelle: n-tv.de


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