Heydar Aliyev Kultur Zentrum- VIDEO

  25 Dezember 2015    Gelesen: 1884
Heydar Aliyev Kultur Zentrum- VIDEO
Ein Land auf der Suche nach der eigenen Identität: In der Kaukasus-Republik Aserbaidschan, am kaspischen Meer, haben jahrzehntelang mächtige Nachbarn – wie Russland – den Ton angegeben, auch in der Architektur. In Baku, der Hauptstadt der demokratischen Republik, beherrschen noch heute riesige Betonklötze aus der Sowjetzeit das Stadtbild. Doch dies soll sich in naher Zukunft ändern – dank eines gigantischen Bauprojekts für über vier Milliarden Euro. Im Lauf der nächsten 15 Jahre sollen in der Zwei-Millionen-Metropole 500 neue Gebäude entstehen – auf einer Fläche, die drei Mal so groß wie Manhattan ist. Zwei gigantische, geschwungene Türme, die so genannten „Flame Towers“, und ein riesiges, modernes Kulturzentrum sind nur einige der architektonischen Errungenschaften, mit denen Aserbaidschan seine Vergangenheit hinter sich lassen will
Nahe dem Zentrum der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, am Kaspischen Meer, eröffnete eines der markantesten Bauwerke des Landes. Das neue Kulturzentrum beinhaltet öffentliche Einrichtungen der Stadt, u.a. das neue Nationalmuseum, eine Bibliothek, sowie Konzert- und Konferenzsäle in unterschiedlicher Größe.

Der amtierende Präsident Ilham Aliyev ließ das Gebäude in Erinnerung an seinen verstorbenen Vater, den ehemaligen Präsidenten Heydar Aliyev, errichten. Nun soll der fließende Baukörper als Sinnbild für die Erneuerung und Modernisierung der aserbaidschanischen Gesellschaft stehen. Mehr als ein frommer Wunsch? Bekanntermaßen werden dem Namensgeber Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung der politischen Opposition vorgeworfen.



Das grundlegende Prinzip des Entwurfs nimmt den ursprünglich auf dem Baugrundstück vorhandenen starken Geländeversprung zum Anlass, eine präzise gestaltete, abgestufte „Gebäudelandschaft“ zu entwickeln, die neue Wege und Verbindungen ermöglicht zwischen öffentlichem Stadtraum, Vorplatz, der Gebäudehülle und dem Innenraum. So wird aus dem ursprünglichen Nachteil schwieriger topographischer Gegebenheiten ein Entwurfsgedanke entwickelt, der zudem aufwändige Erdabtragungen bzw. Erdaufschüttungen unnötig macht.

Die „Gebäudelandschaft“ stellt eine durchgängig fließende Beziehung zwischen dem umgebenden Platz und dem Innenraum des Centers dar. Der Vorplatz ist öffentlich zugänglich und erweitert und erhebt sich in die dritte Dimension zu einem ebenfalls öffentlichen Innenraum, der verschiedenste Veranstaltungsräume beinhaltet, die der zeitgenössischen und der traditionellen aserbaidschanischen Kultur gewidmet sind. Die aufwändige Gestaltung des Platzes durch Wellen, Gabelungen, Beugungen und Wendungen verwandeln ihn in eine „gebaute Landschaft“, die eine Vielzahl an Funktionen wahrnimmt – sie wirkt einladend und soll den Besucher durch die verschiedenen Ebenen des Innenraums begleiten und leiten.



Diese Kontinuität des Raumes verankert den Entwurf nach Ansicht der planenden Architekten auch in der Tradition historischer islamischer Architektur, bei der durch lange Fluchten, Gitterraster und Abfolgen von Säulen ebenfalls nicht-hierarchische, fließende Räume entstanden sind. Durchgängige Kalligraphie und ornamentale Muster fließen dort von Teppichen auf Wände, von den Wänden zur Decke und von den Decken weiter in Kuppeln und Gewölbe hinein. So entwickelt sich eine übergangslose Verbindung und es verschwimmen die Unterschiede zwischen den architektonischen Elementen und dem Grund, auf dem sie fußen.

Eine der größten Herausforderungen des Projektes bestand in der technischen Umsetzung der architektonischen Idee eines fließenden Raumes mit fließender Oberfläche. Um diesen Anspruch umsetzen zu können, muss die Außenhaut eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen. Unterschiedlichste Funktionen, baukonstruktive Überlegungen sowie ein technisch umsetzbares System mussten unter eine gemeinsame Hülle gebracht werden.

Dazu waren zwei zusammenwirkende Systeme erforderlich: eine Betonstruktur, die sich mit einem Raumfachwerk verbindet. Um große stützenfreie, ineinanderfließende Räume zu ermöglichen, mussten die vertikalen Bauteile in die Ebene der Hülle aufgenommen bzw. in das Curtain-Wall-System integriert werden.

Das Raumfachwerk ermöglicht die skulpturale Formgebung und hat im Gegensatz zur ursprünglich geplanten Stahlkonstruktion viele Vorteile bei der sehr komplizierten Geometrie in Bezug auf Planung, Fertigung und vor allem Montage, während die Unterkonstruktion entwickelt wurde, um die Verbindung zwischen dem starren räumlichen Tragwerk und der frei-geformten Außenverkleidung flexibel halten zu können.

Als Material für die Verkleidung wurden glasfaserverstärkte Betonplatten sowie glasfaserverstärkte Kunststoffplatten gewählt, da sie einerseits die Plastizität des Entwurfs überhaupt erst ermöglichen als auch andererseits sehr unterschiedlichen funktionalen Anforderungen genügen, je nachdem, wo sie eingebaut werden: im öffentlichen Raum, in den Übergangszonen oder in der Hülle.

Um die fließende Beziehung zwischen dem Außen und Innen des Gebäudes noch weiter zu verstärken, wurde ebenfalls sehr viel Augenmerk auf die Lichtplanung gelegt. Grundlegend wichtig war dabei, das Aussehen des Gebäudes zwischen Tag und Nacht zu differenzieren. Tagsüber reflektiert die Außenhaut das Licht und verändert ihr Aussehen je nach Tageszeit und Standort. Nachts jedoch verändern sich allmählich das Wesen und die Beschaffenheit des Gebäudes mithilfe des Lichts, das durch die Außenhaut von innen nach außen dringt. Der formale Aufbau wird offen gelegt und zeigt die Inhalte und unterstützt damit das Fließen zwischen Innen und Außen.





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