Offiziell befindet sich die Kanzlerin seit dieser Woche im Urlaub und nimmt keine Regierungstermine mehr wahr. Für den russischen Außenminister Sergej Lawrow machte Angela Merkel jedoch eine Ausnahme. Die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, teilte am Dienstag mit:
„Bundeskanzlerin Angela Merkel hat heute gemeinsam mit Bundesaußenminister Heiko Maas den Außenminister der Russischen Föderation Sergej Lawrow und den Chef des Generalstabes der Streitkräfte der Russischen Föderation Waleri Gerassimow in Berlin getroffen. Dieses Treffen war in der vorigen Woche zwischen der Bundeskanzlerin und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbart worden. Im Mittelpunkt des Gespräches stand die Lage im Nahen Osten, insbesondere in Syrien. Auch der Konflikt in der Ostukraine wurde erörtert.“
Diese Pressemitteilung wurde erst unmittelbar vor dem gestrigen Treffen veröffentlicht. So ein Vorgehen ist ungewöhnlich, da normalerweise Treffen der Kanzlerin mit hochrangigen Vertretern anderer Regierungen frühzeitig angekündigt und mit einer Pressekonferenz begleitet werden.
Zum Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt. Auf Nachfrage von Sputnik bestätigte Regierungssprecherin Demmer auf der heutigen Regierungspressekonferenz: „Über den vertraulichen Inhalt der Gespräche kann ich Ihnen keine Auskunft geben.“
Neue Roadmap für Syrien?
Lawrow und Gerassimow hatten am Montag Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffen. Von dort ging es direkt nach Berlin und weiter nach Paris, wo die beiden hochrangigen Vertreter Russlands am Mittwoch auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen. Alle Treffen finden auf Initiative von Präsident Putin statt.
Es wird vermutet, dass hinter diesen eilig anberaumten Treffen auf höchster Ebene ein neuer russischer oder möglicherweise russisch-amerikanischer Vorschlag zur Verbesserung der Lage in Syrien steht. Der amerikanische Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin hatten bei ihrem Gipfeltreffen in Helsinki in der vergangenen Woche ein langes Gespräch unter vier Augen geführt. Nur zögerlich geraten Details, die dort besprochen wurden, an die Öffentlichkeit.
Ein Thema war möglicherweise die Eindämmung des Einflusses des Irans in Syrien. Dies würde den Besuch der russischen Vertreter in Israel erklären. Nach Angaben russischer Regierungsvertreter hat Lawrow Israel angeboten, dafür zu sorgen, dass iranische Truppen in Syrien mindestens einhundert Kilometer Abstand zu den von Israel besetzten Golan-Höhen halten.
Regierungssprecherin Demmer bestätigte auf der Regierungspressekonferenz: „Es ist schon richtig, dass die Reise in einem Kontext stand und die Gäste vorher in Israel und nachher in Frankreich waren.“
Neue Bewegung bei Minsk II?
Außerdem soll es bei dem Gespräch in Berlin um den Konflikt in der Ostukraine gegangen sein, der auch beim Treffen mit Macron Thema sein dürfte. Frankreich ist einer der maßgeblichen Akteure des Normandie-Formates zur Befriedung des Ukrainekonfliktes. Am 12. Juni kam es in Berlin nach längerer Unterbrechung zu einem ersten Normandie-Treffen der Außenminister der am Minsker Friedensprozess beteiligten Länder Frankreich, Deutschland, Russland und Ukraine. Morgen treffen sich nun in Berlin die Politischen Direktoren des Normandie-Formats, um die von den Außenministern besprochenen Initiativen zu vertiefen.
Bereits seit Monaten wird von den beteiligten Parteien der russische Vorschlag einer Blauhelm-Mission der UN im Donbass diskutiert. Bisher scheiterte dessen Umsetzung an der ukrainischen Bedingung, diese auch auf den gesamten Grenzbereich zwischen Russland und der Ukraine im Donbass auszuweiten.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte bei seinem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump vergangene Woche in Helsinki auch den Vorschlag eines offiziellen Referendums in den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk ins Spiel gebracht. Die amerikanische Seite verlautete bisher, diesen Vorschlag zu prüfen. Derweil meinte Christopher Burger, Sprecher des Auswärtigen Amtes, auf der Regierungspressekonferenz am Mittwoch, dass der Vorschlag nicht Thema der Normandie-Gespräche sein wird, da er nicht Teil der Minsker Vereinbarung ist.
„Die Bundesregierung hält an den Minsker Vereinbarungen als einzigem Fahrplan für die Regelung des Konflikts in der Ostukraine fest. Die Minsker Vereinbarungen sehen kein Referendum vor“, so Burger.
sputniknews
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