Putin bekommt keine Blumen

  19 Auqust 2018    Gelesen: 704
Putin bekommt keine Blumen

Zum zweiten Mal in drei Monaten treffen sich Russlands Präsident Putin und Kanzlerin Merkel zu Gesprächen. Sie wollen ihre Beziehungen verbessern. Von demonstrativen Zuneigungsbekundungen kann aber keine Rede sein.

Wladimir Putins Verspätung ist moderat. Trotz des umstrittenen Besuchs bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin kommt er nur 33 Minuten nach dem Zeitplan an Schloss Meseberg an. Mit einem Blumenstrauß empfängt Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten zu ihren bilateralen Gesprächen trotzdem nicht. Anders als Putin Merkel, als sie ihn im Mai in Sotchi besucht hatte. Russland und Deutschland scheinen sich wieder vorsichtig anzunähern, doch die Stimmung wirkt noch ausgesprochen angespannt. Und das nicht nur, weil Putin es sich nicht verkneifen konnte, Merkel mit dem Abstecher nach Österreich vorzuführen, dass die EU nicht geschlossen auftritt, wenn es darum geht, Russland mit einer gewissen Distanz zu begegnen, bis grundlegende Probleme geklärt sind.

Putin und Merkel haben sich darauf geeinigt, nach ihrem Treffen keine Statements abzugeben. Das soll den Druck aus den schwierigen Verhandlungen nehmen. Sie stellen sich nur kurz der Öffentlichkeit, bevor sie im Gästehaus der Bundesregierung verschwinden und an die Arbeit gehen.

"Wir haben Verantwortung – Deutschland, aber vor allem auch Russland", sagt Merkel. Sie verweist darauf, dass Russland ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ist. Und sie spricht Idlib an. Sie wolle unbedingt verhindern, dass es in der syrischen Provinz, in der Machthaber Baschar al-Assad seine Gegner zusammentreibt, zu einer weiteren humanitären Katastrophe kommt.

Merkel nimmt damit schon einmal Punkt Eins einer langen Liste kritischer Themen ihres Gesprächs vorweg:

Syrien: Putin will, dass Europa den Wiederaufbau des Landes finanziert. Die Bundesregierung fordert, dass zuerst entscheidende politische Fragen geklärt werden müssen. Syriens Präsident Baschar al-Assad gilt in Europa als nicht akzeptabler Verhandlungspartner und ebensowenig als geeigneter Staatschef in einem Nachkriegssyrien. Zugleich hat aber insbesondere die Bundesregierung großes Interesse daran, dass möglichst schnell wieder stabile Verhältnisse in Syrien herrschen. Irgendwann sollen syrische Flüchtlinge in Deutschland schließlich in ihre Heimat zurückkehren können.


Ukraine: Seit der Annexion der Krim 2014 und den Kämpfen im Osten des Landes, die de facto zu einer Spaltung des Landes geführt haben, ist eine Lösung des Konfliktes nicht in Sicht. Putin hat eine UN-Friedensmission mit Blauhelmsoldaten am Boden vorgeschlagen. Auf die Modalitäten konnten sich Russland und Europa dabei allerdings noch nicht einigen. Auch eine stabile Waffenruhe in der Ostukraine gibt es noch nicht. Die EU und die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt. Washington kündigte kürzlich eine Ausweitung an. Die Bundesregierung zieht dabei nicht mit, will aber an den bestehenden Sanktionen festhalten. Anders als einige andere europäische Staaten. Italien, Ungarn und eben auch Österreich stemmen sich immer vehementer gegen die Sanktionen.


Iran: Die USA sind ausgestiegen, Deutschland und Russland wollen das Atomabkommen mit dem Iran trotzdem irgendwie am Leben halten. Sorgen bereiten der Bundesregierung dabei die fragwürdigen Aktivitäten Teherans im Nahen Osten. Der Iran mischt in der Region in diversen Konflikten mit, auch in Syrien. Und das auch noch in Kooperation mit Moskau.
Nord Stream 2: Moskau und Berlin halten trotz Kritik aus den USA und osteuropäischer Staaten an dem Gas-Pipeline-Projekt fest. Die Bundesregierung pocht darauf, dass die Ukraine als Transit-Land nicht vollständig umgangen wird. Eine entsprechende Zusicherung oder gar Verträge mit Kiew gibt es aber noch nicht.


Selbstverständlich spielen auch die schwer angeschlagenen bilateralen Beziehungen Berlins und Moskaus eine Rolle. Kanzlerin Merkel dämpfte vor dem Treffen aber die Erwartungen. Mit konkreten Ergebnissen sei nicht zu rechnen. Es handele sich lediglich um ein Arbeitstreffen.

Dass dieses jetzt stattfindet, gilt allerdings bereits als ein Zeichen: Es ist das zweite Treffen dieser Art in nur drei Monaten. So viele wie in den vier Jahren zuvor. Unter Russland-Kennern ist von einer "sachlichen" oder "pragmatischen" Wiederannäherung die Rede.

Putin bekräftigt denn auch sein Interesse am Dialog. Er beschränkt sich in seinem Statement im Wesentlichen auf das, was er nach dem Treffen in Sotchi im Mai schon gesagt hatte. Er preist die Deutsch-Russischen Wirtschaftsbeziehungen. "Deutschland ist einer der führenden Partner unseres Landes", sagt er. Er spricht von 5000 deutschen Unternehmen in Russland und 1500 Betrieben mit russischer Beteiligung in Deutschland. Und er wirbt für Nord Stream 2. Dies sei ein "ausschließlich wirtschaftliches Projekt", versichert er. Ein Zugeständnis macht er Merkel zu diesem Zeitpunkt allerdings auch noch nicht. Die Ukraine als Transitland für russisches Gas zu erhalten koppelt er weiterhin an die Wirtschaftlichkeit so eines Transits.

Fragen von Journalisten sind nach den Statements nicht vorgesehen. Nur Putin lässt sich im Gehen noch ein paar Worte entlocken. Angesprochen auf den Besuch der Hochzeit in Österreich spricht er von einem "sehr netten privaten Besuch". Dann verschwinden Putin und Merkel zu ernsten Gesprächen im Schloss Meseberg.

Quelle: n-tv.de


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