Merkel steht für schlechte Beziehungen zu Russland und gute zu Amerika - Experten

  09 November 2018    Gelesen: 800
Merkel steht für schlechte Beziehungen zu Russland und gute zu Amerika - Experten

Einen erneuten Einzug des nationalen Selbstbewusstseins in die europäische, darunter auch in die deutsche Politik stellte Igor Maximytschew, der um die Wende Gesandter in Berlin war, während einer Konferenz im Europa-Institut fest, auf der russische Deutschlandexperten die Auswirkungen des Rückzugs von Angela Merkel auf Russland diskutiert haben.

Allerdings sei dieser Prozess in Deutschland selbst voller starker verborgener Strömungen, so der Wissenschaftler. Dabei unterstrich er, dass Merkel für schlechte Beziehungen zu Russland und für gute zu Amerika stehe. „Geht sie, dann wird sich die Perspektive der deutsch-russischen Beziehungen verbessern. Egal, wer sie ablösen wird, Hauptsache, Merkel wird nicht mehr da sein. Gefährdet werden unsere Beziehungen auch von den Grünen, der am stärksten russlandfeindlichen Partei in Deutschland.“ Deshalb fühlt er keine sonderliche Freude angesichts ihres Erfolgs bei den jüngsten Landeswahlen.

Gerade die Grünen befinden sich jetzt laut Jekaterina Timoschenkowa, Vizeleiterin des Zentrums für Deutschlandstudien, in der günstigsten Lage.

„Sie können jetzt nämlich sowohl mit der CDU als auch mit der SPD kooperieren. Aber es wird ihnen kaum gelingen, sich zu einer neuen Volkspartei zu entwickeln. Ihr Stimmenanteil bei den jüngsten Wahlen ist deutlich überhöht.“

Der Politologieprofessor an der Universität für internationale Beziehungen MGIMO, Nikolai Pawlow, Verfasser vieler Bücher über Deutschland, ist ebenfalls der Meinung, dass die Grünen nie eine Volkspartei werden können, „da sie eine Interessenpartei sind, das heißt, nur eigene Wähler im Auge haben. Generell“, schlussfolgert er, „ist in Deutschland eine Parteien- und Merkel-Verdrossenheit zu verzeichnen. Sowohl Merkel als auch die ganze GroKo haben ihre Ressourcen erschöpft.“

Ein Diskussionsteilnehmer bemerkte, Merkel halte sich nach wie vor an die einzige Richtlinie: nichts als Sieg. „Wie und über wen, dies hält sie für ihre private Angelegenheit. Als sie sich auf ihre zweite Kanzlerschaft vorbereitete, kündigte sie einen sofortigen Verzicht auf Atomenergie an. In der Partei waren darüber alle stark verwundert. Merkel hielt eine Klausurtagung ab und sagte: ‚Es muss so sein. Sonst wird es uns schlecht gehen.‛ Sie benötigte das, um sich über Wasser zu halten. Somit schaffte sie einen der wichtigsten Leitsätze der CDU ab.“

Ein anderer Teilnehmer der Diskussion, der auch mit dem innenpolitischen Leben Deutschlands gut vertraut ist, ergänzte:

„Angela Merkel hatte damit gerechnet, sich nach dem Machtantritt Hillary Clintons mit ihr zugleich zum höchsten Gipfel aufzuschwingen. Dann würden eben die beiden Damen zusammen die Welt regieren. Es kam aber anders, und Merkel war darüber verstimmt. Dennoch unternahm sie Einiges in der Hoffnung, das, wonach sie so gestrebt hatte, doch noch kriegen zu können.“

Der frühere russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, meinte: „Es ist noch nicht lange her, da konnte Deutschland auf eine Reihe bedeutsamer Politiker von Weltrang zurückgreifen: Egon Bahr, Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher. Jetzt fehlt es an herausragenden Figuren, die sich diesen Politikern, mit denen er viel Zeit im Gespräch verbracht hat, anreihen ließen. Diese Situation beeinflusst stark die Auswahl der richtigen Wege für Deutschland. Wollen wir sehen, wie es weiter um die CDU stehen wird, die jetzt als ausgesprochen konservativ gilt.“

Ein weiterer Vertreter des russischen Außenamtes, Andrej Bagai, wies darauf hin, dass auch die SPD tief in der Krise stecke. Dies erklärte er weitgehend mit Merkels Politik der „Sozialdemokratisierung“ der CDU, ihrem Spiel auf dem linken Feld.

„Dadurch hat sie alle etablierten Verhältnisse im politischen Spektrum Deutschlands durcheinandergebracht und den Anstieg der AfD gefördert. Die Bilanz ihrer Errungenschaften ist nicht so positiv, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Falls die Wirtschaftslage weniger günstig wäre, würde es in Deutschland viel häufiger zum Regierungswechsel kommen.“

Auf die Stabilität der Großen Koalition eingehend, vermutete der Diplomat, dass vieles nicht so sehr von der Lage in der CDU als von der SPD abhängen wird, „der es total an charismatischen Politikern mangelt. Es ist unklar, wie die SPD die Krise überwinden soll.“ Dabei äußerte Bagai Zweifel daran, dass die GroKo bis zum Jahre 2021 durchhalten wird.

sputniknews


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