Ministerpräsident Günther: SPD an jeder Weggabelung falsch abgebogen

  24 November 2018    Gelesen: 649
Ministerpräsident Günther: SPD an jeder Weggabelung falsch abgebogen

Er ist Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, Mitglied im CDU-Präsidium und neuer Bundesratspräsident: Der 45-jährige Daniel Günther. Vielen in Deutschland unbekannt besitzt er dennoch einen politisch wichtigen Einfluss. Sputnik hat ihn getroffen, um über die Nachfolge der Kanzlerin, den Zustand der SPD und über die AfD zu sprechen.

Seit November ist Daniel Günther neuer Präsident des Bundesrats. Der Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein übernahm das Amt turnusgemäß von Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Der CDUler aus dem hohen Norden hat das politische Treiben auf Bundesebene von jeher aufmerksam mitverfolgt. Als bekennender Merkel-Fan sieht er nun einen entscheidenden Umbruch in seiner Partei.

Ausnahmsweise positive Schlagzeilen?

In Berlin hat sich Günther diese Woche den Fragen der ausländischen Presse gestellt. Dort gab sich der 45-Jährige zunächst betont optimistisch, dennoch nicht ohne Selbstkritik:

„Ich freue mich natürlich darüber, dass meine CDU im Moment die Schlagzeilen dominiert. Ich glaube, dass die Union das ja in diesem Jahr ohnehin geschafft hat, die Schlagzeilen zu prägen. Jetzt glücklicherweise positiv. In der Zeit davor, durch den Streit untereinander, jedoch mit einem negativen Schlag, der uns auch in den Wahlumfragen nicht die besten Ergebnisse produziert hat.“ 

Deshalb, so Günther weiter, sei die jetzige Aufbruchsstimmung und das mediale Echo darauf grundsätzlich positiv zu werten.

Günthers kleines Geheimnis…

Wen von den drei aussichtsreichsten Kandidaten für den CDU-Vorsitz Günther unterstützt, bleibt vorerst sein Geheimnis. Wenngleich Schleswig-Holstein als Befürworter von Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer gilt, teilt er auch das erklärte Ziel von Friedrich Merz, die Anhängerschaft der AfD künftig zu halbieren. Mit welcher Strategie erklärt Günther so:

„Meine Vorstellung ist, in der Mitte zu bleiben und Probleme zu lösen. Nicht bei jedem Thema, wo die AfD sich mal zu äußert, als CDU zu glauben, das ist dann das wichtigste Thema, das in der Republik diskutiert wird. Das machen wir einfach, indem wir die Themen nicht hochreden, indem wir nicht nur über Flüchtlingspolitik, nicht nur über UN-Migrationspakt reden.“ 

Laut Günther bekäme man Populisten nicht klein, indem man sich rhetorisch auf deren Spielwiese begebe. Das sei ein Trugschluss. 

Als "befremdlich" empfindet der CDU-Funktionär, dass sich bereits wenige Stunden nach dem erklärten Rückzug Merkels von der Parteispitze, mehrere Kandidaten in seiner Partei als Nachfolger in Stellung gebracht haben. Eine explizite Kritik an Merz und Spahn sei das aber nicht:

„Wenn man 18 Jahre Parteivorsitzende ist, wäre es auch ein Zeichen gewesen, dass man mal zwei Tage abwartet und nicht sagt: Ha, Job frei geworden, jetzt kandidieren wir alle fröhlich. Das ist auch typisch dafür, wie sich Politik aus meiner Sicht durchaus negativ vom Menschen in solchen Situationen wegbewegt. Ich bin ja nie ein Fan davon gewesen, dass Merkel aufhört.“

Günther ist überzeugt, dass Merkel die Partei stets gut geführt habe. Parteivorsitz und Kanzlerschaft gehören nach der Meinung des Ministerpräsidenten zudem in eine Hand.

Mitte statt Markenkern

Günther erklärt, dass er intern bereits allen drei Kandidaten im persönlichen Gespräch erläutert habe, wen er als Wunschnachfolger Merkels unterstütze. Der neue CDU-Vorsitzende müsse sich dabei thematisch breit aufstellen, um das Spektrum einer Volkspartei abzudecken. Einen einzig bestimmten Markenkern können es dabei nicht geben:

„Wenn Sie in einem Raum mit CDU-Mitgliedern fragen, was ist denn der Markenkern der CDU, dann werden Sie plötzlich ein so breites Bild haben, dass Sie danach sagen werden: Um Himmelswillen, wenn wir uns jetzt auf DEN Markenkern konzentrieren würden, den vielleicht ein Teil für richtig hält, dann haben wir die CDU bei irgendwo zwischen 15 und 20 Prozent.“

Da hätten es Oppositionsparteien, wie AfD, LINKE, FDP oder auch Grüne einfacher. Diese könnten sich laut Günther auf wenige Kernthemen beschränken.

Die richtungslose SPD?

Angesprochen auf den Zustand der SPD gibt sich Günther betroffen, auch weil die Union daran nicht ganz unschuldig sei. Als Koalitionspartner wünsche er der Partei in den Umfragen eine höhere Zustimmung:

„Wir konnten uns im ersten Jahr der Koalition ja — völlig ohne Rücksichtnahme auf die SPD — Diskussionen leisten. Die SPD hat sich ja alles gefallen lassen. Die haben ja gerade so getan, als wären die gar nicht mehr in der Regierung. Die SPD ist aus meiner Sicht eigentlich an jeder Weggabelung, die es für die Partei gegeben hat, im letzten Jahr falsch abgebogen.“

Dennoch glaubt Günther, dass die GroKo mit Kanzlerin Merkel an der Spitze bis zum Ende der Legislaturperiode bestehen bleibe. Allein schon, weil die SPD weder Interesse an Neuwahlen habe, noch einen vorzeitig anderen CDU-Kanzler mittragen werde.

Unser Fazit über Daniel Günther:

Der neue Bundesratspräsident steht für einen politischen Spagat: Einerseits die CDU als Partei der Mitte im Sinne Merkels weiterführen, andererseits verlorene Wähler von AfD und Grünen zurückgewinnen. Kurz vor dem CDU-Parteitag Anfang Dezember will sich der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins übrigens auch noch öffentlich äußern, wen er persönlich für die CDU-Spitze empfiehlt. Ob der oder die künftige Parteivorsitzende dann den gewünschten politischen Spagat meistern kann, wird der Wähler im kommenden Jahr zu entscheiden haben. 

sputniknews


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