Ohne das neue Papierdokument sollen Schutzsuchende in Zukunft keine Leistungen und keinen Zugang zum Asylverfahren bekommen. Ein Überblick über die geplanten Neuerungen:
Der neue Flüchtlingsausweis
Kern des Gesetzes ist ein Flüchtlingsausweis in Papierform, der mit fälschungssicheren Elementen ausgestattet ist. Darauf befinden sich nicht nur Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Geschlecht, sondern auch ein Foto sowie Größe und Augenfarbe und eine Nummer.
Jeder Asylsuchende und Flüchtling muss das Dokument bei sich tragen, um eine Registrierung nachweisen zu können. Die Behörden sollen ihn überall identifizieren können. Ohne den sogenannten Ankunftsnachweis soll es bald keinen Anspruch auf Asylbewerberleistungen mehr geben.
Ausgestellt wird das Dokument von den Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den Aufnahmeeinrichtungen. Der Nachweis soll maximal sechs Monate gültig sein und jeweils längstens um drei Monate verlängert werden können. Möglichst noch im Februar soll begonnen werden, die Dokumente zu verteilen. Mitte des Jahres soll es flächendeckend verfügbar sein.
Gespeicherte Daten
Zusätzlich zur Ausgabe des Flüchtlingsausweises wird von Asyl- und Schutzsuchenden sowie allen illegal eingereisten Personen künftig ein Datensatz gespeichert. Dazu gehören neben den Angaben, die auch auf der Flüchtlingskarte enthalten sind, die Fingerabdrücke, der Status des Asylverfahrens und die Kontaktdaten in Deutschland.
Zudem sollen in diesem Datensatz auch Angaben zu Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen hinterlegt werden. Um eine schnellere Integration zu beschleunigen, werden bei Asyl- und Schutzsuchenden auch Daten über die Schul- und Berufsausbildung oder sonstige Qualifikationen vermerkt.
Zentrale Speicherung
Die Daten sollen künftig so schnell wie möglich erhoben werden und nicht mehr erst dann zentral gespeichert werden, wenn ein Asylantrag gestellt wird, denn das kann in der Regel viele Monate dauern. Künftig müssen die Daten beim ersten Kontakt eines Flüchtlings oder Asylbewerbers mit einer Behörde unverzüglich zur Speicherung im Ausländerzentralregister übermittelt werden. Dazu berechtigt sind etwa das Bamf, Polizei, die Erstaufnahmezentren und Ausländerbehörden.
Vernetzte Behörden
Auch der Datenaustausch der Behörden untereinander, an dem es bislang hapert, soll mit dem Gesetz verbessert werden. Künftig müssen die Informationen allen öffentlichen Stellen zur Verfügung stehen, die sie für ihre Arbeit benötigen: den Asylbehörden ebenso wie der Bundesagentur für Arbeit, den Ämtern für die Grundsicherung wie auch den Meldebehörden.
Alle Stellen sollen rasch mit dem System zum schnellen Abgleich von Fingerabdrücken (Fast-ID) ausgestattet werden. Die zuständigen Behörden sind aber auch verpflichtet, neue Daten einzustellen, etwa wenn die Person einen Integrationskurs abgeschlossen hat.
Wer bekommt wo welche Hilfe?
Die Regierung verfolgt mit dem Gesetz mehrere Ziele: Die Zahl der nicht registrierten Asylsuchenden in Deutschland soll auch aus Sicherheitsgründen verringert werden. Die Möglichkeiten, über die eigene Identität zu täuschen, werden eingeschränkt - das schiebt etwaigen Möglichkeiten des Missbrauchs frühzeitig einen Riegel vor. Zudem sollen Doppelregistrierungen der Vergangenheit angehören.
Mit den Daten sollen die eingereisten Personen außerdem gerechter auf die Bundesländer verteilt werden. Auch soll nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere verhindert werden, dass sich die Neuankömmlinge selbst auf den Weg in die Stadt ihrer Wahl machen.
Mit den neuen Vorgaben können nach Ansicht des Bundes auch die Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden. Nicht zuletzt erhoffen sich die Sicherheitsbehörden bessere Erkenntnisse darüber, wer sich im Land aufhält und ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte.
Was kostet das?
Für die Schaffung des sogenannten "Kerndatensystems" im Ausländerzentralregister und die notwendigen Erweiterungen der beim Bundesverwaltungsamt betriebenen Systeme veranschlagt die Bundesregierung zusätzliche Kosten in Höhe von mindestens 15,5 Millionen Euro.
"Für die dauerhaften Mehrausgaben nach Schaffung des Stammdatensystems sind jährlich mindestens 4,5 Millionen Euro vorzusehen", heißt es in einem Entwurf zum Datenaustauschverbesserungsgesetz weiter. Dazu kommen Ausgaben für zusätzliches Fachpersonal für Programmierung und Pflege der Datenbanken.
Das Bundesverwaltungsamt rechnet derzeit von einem zusätzlichen Personalbedarf im Umfang von mindestens 22 Planstellen. Die damit verbundenen Personalausgaben werden mit jährlich etwa 1,32 Millionen Euro angegeben. Beim IT-Zentrum des Bundes (ITZBund) sollen viereinhalb neue Planstellen entstehen. Dafür sind Ausgaben von jährlich rund 326.000 Euro vorgesehen.
Für die technische Umsetzung des Datenabgleichs entstehen außerdem im Bundeskriminalamt und im Bundesamt für Verfassungsschutz zusätzliche Kosten. "Diese können erst nach Vorliegen der konkreten technischen Umsetzung durch das Bundesverwaltungsamt beziffert werden", heißt es in der Vorlage.
Wie viel genau der Staat für das neue System mit der zentralen Flüchtlingsdatenbank insgesamt ausgeben muss, lässt sich noch nicht einmal ansatzweise beziffern. Damit der Datenaustausch auf allen Ebenen reibungslos klappt, müssen alle beteiligten Stellen ihre eigenen Abläufe anpassen und insbesondere auch technische Schnittstellen zum Ausländerzentralregister schaffen.
Hier könnte es für den Steuerzahler noch teuer werden: Denn bei der Bundespolizei, der Bundesagentur für Arbeit sowie auf der Ebene aller 16 Bundesländer sowie bei den rund 11.000 Kommunen und Gemeinden werden durch die Anpassung der dort laufenden IT-Systeme voraussichtlich Umstellungskosten "in nicht quantifizierbarer Höhe" entstehen.
Wann geht es los?
Die Einführung eines einheitlichen Ausweises für alle Flüchtlinge in Deutschland ist beschlossene Sache. Der Bundestag verabschiedete die Pläne am Abend mit den Stimmen von Union und SPD. Linke und Grüne enthielten sich. Die Opposition beklagte, es würden zu viele Daten gespeichert, und deren Schutz könne nicht gewährleistet werden.
Das Vorhaben durchlief das parlamentarische Verfahren im Eiltempo. Erst am Vortag hatte sich der Bundestag in erster Lesung mit den Plänen befasst. Ende Januar soll der Bundesrat abschließend darüber beraten. Anfang Februar soll das Gesetz dann in Kraft treten.
Feldversuche für die Datenspeicherung und den Ausweis sind in Berlin, Bielefeld, Heidelberg und im bayerischen Zirndorf geplant. Nach der Pilotphase an diesen vier Standorten sollen ab Mitte Februar nach und nach bundesweit alle zuständigen Stellen mit der nötigen Soft- und Hardware ausgestattet werden. Anschließend soll die Ausstellung des Ausweises schrittweise ausgeweitet werden. Ab dem Sommer könnte die Ausgabe des Dokuments überall Standard sein. Bis dahin soll der neue Ausweis dann flächendeckend eingeführt sein.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière räumte vor den Parlamentariern ein, er könne nicht versprechen, dass der Zeitplan einzuhalten sei. Schließlich handele es sich um ein "wirklich anspruchsvolles IT-Projekt". Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke nannte die Eile einen Skandal und sprach von einem Schnellschuss.
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