Entspannungssignale und Differenzen bei Steinmeier-Besuch in Warschau

  22 Januar 2016    Gelesen: 625
Entspannungssignale und Differenzen bei Steinmeier-Besuch in Warschau
Im deutsch-polnischen Verhältnis gibt es derzeit Irritationen - von der Flüchtlingspolitik bis zu den umstrittenen Gesetzesbeschlüssen der nationalkonservativen polnischen Regierung zu Justiz und Medien. Bei seinem Besuch in Warschau stellte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Donnerstag jedoch das Verbindende in den Vordergrund: "Das Verhältnis zu Polen ist viel zu wertvoll, als dass es der jeweiligen Sichtweise in der Tagespolitik geopfert werden sollte", sagte Steinmeier.
Auf deutscher wie auf polnischer Seite hatte es zuletzt gegenseitige Vorwürfe gegeben. Steinmeier, der betont herzlich im historischen Warschauer Lazienki-Palais empfangen wurde, komme aber "als Freund Polens", hob Polens Außenminister Witold Waszczykowski hervor. Auch er beschrieb die Beziehungen der beiden Länder als "sehr intensiv". Allerdings sei natürlich "nicht immer alles perfekt im Leben". Steinmeier verwies auch auf die Verantwortung aufgrund der schwierigen gemeinsamen Geschichte.

Der nationalkonservativen Regierung in Polen wird vorgeworfen, seit ihrem Amtsantritt im November die Medienfreiheit eingeschränkt und die Unabhängigkeit der Justiz beschnitten zu haben. Die EU-Kommission hat deswegen ein Verfahren gegen Polen eingeleitet. Der Bundesaußenminister sagte dazu, die EU habe Fragen gestellt, die Polen nun beantworten werde. Dies wolle er nicht kommentieren.

Steinmeier traf auch mit Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo zusammen. Sie kündigte an, am 12. Februar nach Berlin zu kommen, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "insbesondere über die Flüchtlingsfrage zu diskutieren". Dabei erteilte Szydlo auch erneut dem EU-Verteilmechanismus für Flüchtlinge eine Absage. Sie sprach sich dafür aus, Schutzsuchenden "außerhalb der Grenzen der EU zu helfen".

"Es ist klar, dass wir in unserem Urteil manchmal nicht einig sind", sagte Steinmeier zur Flüchtlingspolitik Deutschlands und Polens. Erneut mahnte er zu Lösungen "in europäischer Solidarität". Die Staaten Europas seien "gemeinsam stärker, als wenn jeder auf eigene Faust handelt" - beim Schutz der EU-Außengrenzen, Bekämpfung von Fluchtursachen und auch durch die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU.

Allerdings wolle auch die Bundesregierung "die Zahl der Flüchtlinge deutlich reduzieren".
Noch die frühere polnische Regierung hatte die Aufnahme von bis zu 7000 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen zugesagt. Dabei bleibe es auch, bekräftigte Waszczykowski. Polen macht allerdings zur Bedingung, dass es sich nachweislich um Kriegsflüchtlinge handelt, die von sich aus nach Polen wollen. Waszczykowski sagte auch, Polen habe bereits eine Million Ukrainer aufgenommen, "die meisten aus den Konfliktgebieten".

Themen der Gespräche waren auch der Ukraine-Konflikt und in Verbindung damit polnische Sicherheitswünsche an die Nato sowie Fragen zur Zukunft der EU. Dabei machte Waszczykowski deutlich, dass er die Zukunft der EU vorrangig darin sieht, die Handlungsfreiheit der Nationalstaaten zu stärken.

Steinmeier traf in Warschau auch Vertreter der polnischen Opposition und Zivilgesellschaft. In einer Diskussion mit polnischen Schülern warnte er vor Verschlechterungen im deutsch-polnischen Verhältnis: Dieses sei zwar sehr gut, doch "wir müssen aufpassen, dass wir nicht zurückfallen".

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