Die österreichischen Sozialdemokraten wollen nach Angaben von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einen eigenen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einbringen. Eine entsprechende Empfehlung habe die Parteiführung an die am Montag tagende Fraktion gegeben, sagte Rendi-Wagner am Sonntagabend. "Ich vertraue darauf, dass wir hier auch Mehrheiten bekommen werden", sagte sie weiter. Es habe in der Regierungskrise und auch davor keine substanziellen Gespräche des Kanzlers mit der Opposition gegeben. Der 32-Jährige verdiene kein Vertrauen mehr.
FPÖ legt sich nicht fest
Da der nun angepeilte Misstrauensantrag umfangreicher ist als der der Liste "Jetzt", der sich nur gegen den Kanzler richtet, käme er als erster zur Abstimmung. Peter Pilz von der Liste "Jetzt" meinte, "das ist eine neue Situation", die man erst analysieren müsste. Die rechte FPÖ, die seit dem Rauswurf aus der Regierung in der Opposition ist, ließ erkennen, dass sie einem Misstrauensantrag wahrscheinlich zustimmen werde. Abschließend legte sich die FPÖ aber nicht fest.
Die aktuelle Entwicklung ist Folge der seit rund zehn Tagen andauernden Regierungskrise. Deren Auslöser war ein Skandal-Video, das Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei Gesprächen über eine Zusammenarbeit mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte auf Ibiza zeigt.
Fulminanter Sieg bei Europawahl
Unter anderem wird auf dem im Sommer 2017 heimlich gedrehten Video über eine strategische Einflussnahme, verdeckte Wahlhilfe und möglicherweise illegale Parteienspenden diskutiert. Strachedeutet zudem an, dass er die vermeintliche Investorin mit öffentlichen Bauaufträgen versorgen könne.
Das Video wurde am 17. Mai von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung" veröffentlicht, einen Tag später trat Strache von all seinen politischen Ämtern zurück. In der weiteren Folge brach die gesamte ÖVP-FPÖ-Regierung zusammen. Im September finden Neuwahlen statt.
Kurz errang mit der ÖVP am Sonntag bei der EU-Wahl einen fulminanten Sieg. Die Konservativen holten laut Hochrechnungen mit 34,9 Prozent ihr bisher bestes EU-Wahlergebnis. Die SPÖ profitierte nicht von der Krise und erreichte nur 23,4 Prozent, ein leichtes Minus gegenüber 2014. © dpa
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