Krenz wollte Schalck und nicht Modrow

  22 Juni 2019    Gelesen: 857
Krenz wollte Schalck und nicht Modrow

Hans Modrow führte die DDR-Regierung rund sechs Monate bis zu den ersten freien Wahlen. Nun erzählt der 91-Jährige erstmals, wie er zu dem Posten des Ministerpräsidenten kam. Dabei verdeutlicht er, dass er für SED-Chef Krenz nicht die erste Wahl war.

Der frühere DDR-Ministerpräsident Hans Modrow ist erst zu seinem Regierungsposten gekommen, nachdem drei Kandidaten des damaligen SED- und Staatsratschefs Egon Krenz abgelehnt hatten. "Vorher hatte er mit dem Karl-Marx-Städter SED-Bezirkssekretär Siegfried Lorenz, dem Bauminister Wolfgang Junker und mit Alexander Schalck-Golodkowski gesprochen - alle drei winkten ab", sagte der Linke-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

"Da kann von Wunschkandidat keine Rede sein. Ich stellte jedoch die Bedingung, dass ich die Regierung als Ministerpräsident führen werde - inklusive der Ministerien für Inneres, Verteidigung und für Staatssicherheit - und Krenz mir in seiner präsidialen Funktion als Staatsratschef nicht hineinreden darf", sagte der heute 91-jährige Modrow. "Das war mir auch wichtig für die Verhandlungen mit Bundeskanzler Helmut Kohl."

In der Volkskammer stimmte als Einzige die Frau des wenige Wochen zuvor entmachteten Partei- und Staatschefs Erich Honecker, Margot Honecker, gegen Modrow. "Das war etwas Persönliches", erinnert sich der Chef des Ältestenrats der Linken. "Wir kannten uns seit 1949 aus der Jugendarbeit. Als sie dann Ministerin für Volksbildung wurde, stritten wir häufiger, weil ich eine andere Vorstellung mit der Führung dieses Amts verband als sie. Das wuchs sich aus, als auch die Gegensätze zwischen ihrem Mann und mir größer wurden."

Modrow, der bis zur Ablösung durch den CDU-Politiker Lothar de Maiziére nach den Volkskammerwahlen im März 1990 rund sechs Monate DDR-Ministerpräsident war, nannte als sein Ziel im Amt, die Umgestaltung in der DDR zu befördern. "Mir war klar, dass ich eine Übergangsregierung führe. Für mich hieß das, den Übergang zu gestalten", sagte er dem RND.

Als herausragenden Beschluss nannte Modrow die Festlegung, dass alle Enteignungen der sowjetischen Militäradministration zwischen 1945 und 1949 rechtens waren und bleiben. "Damit hatte die Bodenreform im Osten Deutschlands Bestand, und wir konnten nach dem Beitritt bei steigenden Grund- und Bodenpreisen Werte miteinbringen. Dass wir es noch möglich machten, dass Menschen den Grund und Boden kaufen konnten, auf dem sie schon Jahrzehnte wohnten oder wirtschafteten, war für viele eine gute Basis für die neue Zeit", so Modrow.

n-tv


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