US-Botschafter wollte Gabriel als Chef der Atlantik-Brücke verhindern

  16 Auqust 2019    Gelesen: 631
  US-Botschafter wollte Gabriel als Chef der Atlantik-Brücke verhindern

Sigmar Gabriel als Chef einer deutsch-amerikanischen Lobbyorganisation? Diese Personalie passte Richard Grenell nicht. Der US-Botschafter intervenierte nach SPIEGEL-Informationen bei der Atlantik-Brücke - ohne Erfolg.

US-Botschafter Richard Grenell hat vor der Wahl Sigmar Gabriels zum neuen Vorsitzenden der Atlantik-Brücke im vergangenen Juni interveniert, um sein Missfallen über die Personalie zu erklären. Grenell wollte sich auf SPIEGEL-Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern. Gabriel folgte in der deutsch-amerikanischen Lobby-Organisation auf den langjährigen Vorsitzenden Friedrich Merz (CDU).

Gegenüber dem SPIEGEL bedauerte der frühere deutsche Außenminister, dass Grenell nicht zu einer Verbesserung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses beitrage. "Wir bräuchten eigentlich einen amerikanischen Botschafter, der vermittelt, der den Amerikanern, auch wenn er unsere Position nicht teilt, erklärt, warum wir so ticken", so Gabriel.

Der Chef der Atlantik-Brücke äußerte sich auch besorgt über das deutsch-amerikanische Verhältnis insgesamt. Es mache ihm Sorgen, "dass es bis in die Führungseliten der deutschen Wirtschaft populär geworden ist, Abschied von Amerika zu nehmen", sagte Gabriel.

Auch der ehemalige US-Botschafter bei der Nato, Nicholas Burns, zeigte sich beunruhigt über das transatlantische Verhältnis. "Wir erleben eine Krise in den deutsch-amerikanischen Beziehungen, wie ich sie nicht für möglich gehalten habe", sagte Burns, der den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden in außenpolitischen Fragen berät.

Burns kritisierte ebenfalls Grenell, der indirekt mit einem Abzug der US-Truppen aus Deutschland gedroht hatte, falls Deutschland seine Militärausgaben nicht erhöhe. "Es wäre ein Verrat an unserem Bündnis mit Deutschland", sagte Burns dem SPIEGEL und fügte hinzu: "Im Kongress gibt es nicht auch nur annähernd eine Mehrheit dafür, die Beziehungen mit Deutschland zu gefährden oder gar zu zerstören."

Die Bundesregierung derweil hat erfolgreich gegen ein anderes Karrierevorhaben Sigmar Gabriels interveniert. Wie aus einer Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin hervorgeht, darf der SPD-Politiker ein Aufsichtsratsmandat bei der Kulczyk Holding vorerst nicht antreten.

Wegen drohender Beeinträchtigung öffentlicher Interessen müsse Gabriel eine Karenzzeit von zwölf Monaten einhalten, heißt es in dem Schreiben weiter. Der Beschluss fiel Ende 2018, war bisher aber nicht bekannt.

Die Firma des 2015 verstorbenen polnischen Multimilliardärs Jan Kulczyk hat ihren Sitz im Steuerparadies Luxemburg, Gabriel hatte in seiner Zeit als Vizekanzler derartige Praktiken der Steueroptimierung scharf kritisiert.

Parlamentarier Beutin kritisiert: "Gerade für einen langjährigen SPD-Vorsitzenden, der sich den Kampf für soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat, ist das Überwechseln auf die Seite des großen Geldes ein schamloses Verhalten." Gabriel selbst sagt, er habe der Kulczyk Holding bereits abgesagt, während die Bundesregierung die mögliche Nebentätigkeit noch prüfte.

spiegel


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