Dortmund-Fans randalieren in Thessaloniki

  02 Oktober 2015    Gelesen: 727
Dortmund-Fans randalieren in Thessaloniki
Dortmunds Bosse sind sauer: Beim Spiel gegen Paok Saloniki zündeten BVB-Anhänger Bengalos, Sanitäter wurden von fliegenden Geschossen getroffen. Geschäftsführer Watzke kündigt einen harten Kurs an.
Diese gelungenen Pässe, die gewonnen Zweikämpfe - und natürlich die Tore! Nach einem Spiel sprechen Klub-Verantwortliche mit Reportern gern über die vielen guten Szenen eines Spiels.

Nach Borussia Dortmunds 1:1 (0:1) bei Paok Saloniki in der Europa League ging es nicht um gelungene Pässe oder schöne Tore. Es gab sie während der 90 Minuten eigentlich auch nicht.

Die sehr ernsten Mienen spätabends im Toumba-Stadion hatten allerdings nichts mit der dürftigen Leistung der von Trainer Thomas Tuchel umgebauten Elf zu tun. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke presste die Lippen aufeinander, als er auf die Szenen kurz nach dem Anpfiff der zweiten Hälfte angesprochen wurden: "Das kann man in keiner Weise tolerieren. Wir haben uns im Vorfeld gegenüber den betreffenden Gruppen positioniert, das wissen die auch. Wir werden das jetzt aufarbeiten."

Aus dem Fanblock des BVB waren Bengalos Richtung Spielfeld geflogen, einige trafen gar Sanitäter. Erst als die Polizei zum zweiten Mal in den Gästeblock vorrückte, herrschte nach insgesamt 15 Minuten Ruhe. "Das ist ein Problem, das wir nicht kleinreden. Offensichtlich kommen wir mit Dialog und guten Worten auch nicht weiter", so Watzke.

Dem BVB, der zuvor seine Anhänger noch vor den Paok-Fans gewarnt hatte, droht eine empfindliche Geldstrafe. Es war nicht das erste Mal, dass sich Teile des Anhangs daneben benahmen. Sportdirektor Michael Zorc sagte: "Es ist sind beschämende Bilder, die wir da gesehen haben. Wir können uns dafür nur entschuldigen." Ob es Verletzte gab, stand am späten Donnerstagabend noch nicht fest.

"Viele sind anständig geblieben"

Die Polizei verhinderte nach dem Schlusspfiff eine Eskalation der Lage, als Paok-Fans den Platz stürmten und versuchten, in Richtung BVB-Anhänger zu gelangen. Dorthin zog es zuvor auch die Dortmunder Profis. "Ein paar wenige richten das Chaos an", sagte Tuchel: "Aber es waren über 1000 da, die es verdient haben, dass sich die Mannschaft bedankt." In der Kurve soll zwischen Spielern und Fans über die Aktion diskutiert worden sein. "Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Es sind doch viele anständig geblieben", sagte Gonzalo Castro.

Dem Ex-Leverkusener war zuvor in der 72. Minute mit viel Glück der Ausgleich gelungen, es war der passende Treffer für ein niveauarmes Spiel. Castros eigentlich als Vorlage gedachter Pass trudelte ins Tor des Gegners.

Paok war mit dem ersten gelungenen Angriff in Führung gegangen, ein langer Ball hatte zuvor gereicht, um die neue Abwehrreihe des BVB zu übertölpeln. Der Schuss des früheren Nürnbergers Robert Mak unter die Latte zum 1:0 (34.) war das Highlight des Abends. Eines, an dem sich bei den Gästen keiner erfreuen konnte. Und auch wenn Tuchel später sagen sollte, es habe Spaß gemacht, seine Mannschaft zu coachen, zufrieden wirkte er zuvor längst nicht immer. Mal forderte er Torwart Roman Weidenfeller gestenreich auf, weiter vorzurücken, dann versuchte er verzweifelt, den Fußballacker des Stadions zu flicken. Mit Händen und Füßen presste er herausgerissene Rasenstücke an ihren angestammten Platz zurück.

Tuchel schonte fünf Spieler

Sein Team tat sich gegen eine teils mit fünf Abwehrspielern verteidigende Mannschaft aus Griechenland schwer, hatte kaum Ideen. Ein Team, das freilich wenig zu tun haben dürfte mit der kommenden Aufgabe. Fünf Stars hatte Tuchel in Deutschland gelassen, die zuletzt stark beanspruchten Mats Hummels, Sokratis, Ilkay Gündogan, Shinji Kagawa und Pierre-Emerick Aubameyang wurden geschont. Für den Ligagipfel mit dem FC Bayern München in der Bundesliga.

In dieses Duell geht die Borussia nun mit dem dritten Remis in Folge. Der Tabellenzweite aus Dortmund hatte zuletzt mit den beiden Unentschieden bei 1899 Hoffenheim und gegen Aufsteiger Darmstadt 98 eine bessere Ausgangsposition verspielt. Verloren hat der BVB unter Tuchel allerdings noch kein Pflichtspiel. Watzke sah sich deshalb schon gezwungen, gegen aufkommendes Krisen-Gerede zu poltern. Die Vorzeichen für das Gipfeltreffen am Sonntag (17.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) sind tatsächlich unterschiedlich. Wenn es so etwas wie das Momentum im Fußball tatsächlich gibt, den günstigen Zeitpunkt für ein Duell mit einem starken Gegner, dann dürfen sich die Münchner darüber freuen.

Es hatte etwas ungemein Leichtes, wie der FC Bayern am Dienstag im Champions-League-Heimspiel gegen Dinamo Zagreb einen lockeren 5:0-Sieg herausschoss, zur Halbzeit schon 4:0 führte und sich anschließend schonen konnte für das nächste Ligaspiel gegen die Borussia - und den Wiesn-Ausflug am vergangenen Mittwoch. Während Spieler und Trainer des Rekordmeisters dort die Maß Bier öffentlichkeitswirksam in die Luft reckten, musste Dortmund die Auswärtsreise nach Griechenland auf sich nehmen, kehrt nun am Freitag mit deutlich weniger Pause zurück.

"Wir sind aus München in den letzten Jahren nicht so oft mit leeren Händen nach Hause gefahren", sagte Watzke, jetzt etwas besser gelaunt: "Insofern glaube ich, dass wir nicht chancenlos sein werden." Bis dahin hat sich vielleicht auch die Stimmung beim BVB gedreht. Gonzalo Castro schaffte das mit der Zuversicht am Donnerstagabend noch am besten: "Ich glaube, es wird ein schönes Spiel für alle Beteiligten."

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