25 Bilder präsentiert Agha im Künstlerhaus ART15. Einige davon konnte er aus Syrien retten, andere entstanden nach seiner Flucht in der Türkei und später in Bremen. Ein anderes Bild zeigt zwei Boote gestrandet an einer Küste, im Hintergrund brauen sich bedrohlich wirkende Farbwolken zusammen. Ob er Szenen seiner eigenen Flucht verarbeitet, will der Künstler nicht direkt sagen. „Es ist ein Versuch, einen Moment der Furcht festzuhalten“, sagt der 54-Jährige nur.
Auch in seinen Bildern deutet er vieles nur an. Oft zeigen sie architektonische Elemente, orientalische Ornamente aus seiner syrischen Heimatstadt Aleppo oder die gotischen Bögen des Bremer Doms, aus denen intensive Farbflächen herausbrechen, sie umranden oder überlagern. Seit Oktober lebt Agha in einem kleinen Zimmer in einem Bremer Flüchtlingswohnheim und wartet auf seinen Aufenthaltstitel. „Bremen hat mich wieder malen lassen“, sagt er.
Solidarität unter Künstlern
Über eine Kunstaktion für Flüchtlinge lernte Agha die Künstler von ART15 kennen. Sie räumten einen Platz für ihn in ihrem Atelier frei, schenkten ihm Leinwand und Farben. „Die Freiheit, mich wieder vollkommen meiner Malerei hingeben zu können, verdanke ich meinen Freunden“, sagt Agha auf Syrisch. Eine Dolmetscherin übersetzt seine Worte. Der Künstler ist bis auf einen roten Schal komplett in Schwarz gekleidet. Die halblangen Locken trägt er zurückgekämmt. Begeistert erzählt er von seiner Arbeit, vom Austausch mit anderen Künstlern und dass er sich überall dort auf der Welt aufgehoben fühle, wo er seine Kunst verwirklichen könne.
Wenn er Zuhause in Aleppo malte, kam es vor, dass in der Nachbarschaft Bomben einschlugen. „Es war eine harte Zeit“, sagt Agha. Er malte bei Kerzenschein - oft in der Gewissheit, dass in seiner Nähe Menschen starben. „Ich habe immer versucht weiterzuarbeiten - um zu zeigen, dass Syrien auch noch ein anderes Gesicht hat.“ Doch irgendwann wurde es zu gefährlich. Agha und seine Familie flüchteten in die Türkei.
Etwa die Hälfte der syrischen Künstler habe inzwischen das Land verlassen, schätzt Humam Al-Salim. Die Architektin aus Damaskus betreibt eine Facebook-Seite, die die Arbeiten von etwa 500 syrischen Künstler präsentiert, darunter auch die von Agha. Der Kunstmarkt sei zum Erliegen gekommen, Farben und Materialen seien wie alles extrem teuer, schreibt sie in einer E-Mail. „Hier und dort gibt es noch ein paar Ausstellungen, um zu beweisen, dass die Kunstszene noch lebt.“
Die Botschaft, dass Syrien auch ein Land der Kultur ist, will Agha jetzt von Deutschland aus verbreiten. In seiner Heimat konnte er von seiner Kunst leben, hatte Ausstellungen in vielen arabischen Ländern und Europa. „Natürlich habe ich Heimweh“, sagt Agha. Auch seine Familie fehlt ihm. Wegen der gefährlichen Fluchtroute musste er sie in Istanbul zurücklassen. In Deutschland muss er nun erstmal allein neu anfangen. Die Ausstellung ist für ihn ein wichtiger Schritt. „Ich fühle mich nicht als Flüchtling, sondern ich habe das Gefühl, einen kulturellen Beitrag in Deutschland zu leisten.“
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