Mehrere CDU-Politiker fordern Gespräche mit AfD

  05 November 2019    Gelesen: 963
Mehrere CDU-Politiker fordern Gespräche mit AfD

In der CDU Thüringen ist ein Papier aufgetaucht, in dem 17 Politiker "ergebnisoffene Gespräche" mit der AfD verlangen. Der Landtagsabgeordnete Jörg Kellner bestreitet, den Appell autorisiert zu haben.

Die Thüringer CDU kommt eine Woche nach der Wahlniederlage nicht zur Ruhe. Wie die "Ostthüringer Zeitung" zuerst berichtete, ist nun ein Papier in CDU-Kreisen aufgetaucht, indem 17 Parteifunktionäre zur Gesprächsbereitschaft ihrer Landespartei mit der AfD aufrufen.

Anfang vergangener Woche hatte bereits der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Michael Heym, eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD ins Spiel gebracht. Das neue Papier trägt den Titel: "Appell konservativer Unionsmitglieder in Thüringen" und stützt den Vorstoß von Heym. Darunter befinden sich Namen mehrerer Kommunalpolitiker - aber auch der eines Landtagsabgeordneten, Jörg Kellner. "Ich habe dieses Papier in dieser Form noch nicht autorisiert", sagte er dem SPIEGEL, bestätigt aber, dass es solch eine Ausarbeitung eines Appells in der Partei gibt.

In der Grundausrichtung stimme er dem Anliegen auch zu. "Wir müssen mit allen sprechen", sagte Kellner. Eine Koalition mit Linken und AfD schließt er aus, dennoch: "Wir haben gesehen, was passiert, wenn man die AfD außen vor lässt. Es ist das Gegenteil von dem eingetreten, was wir wollten." Die rechte Partei habe sich verdoppelt - "und die AfD kann sich in die Opferrolle begeben, weil alle sie ausgrenzen". Dies sei offenkundig keine erfolgreiche Strategie. Die CDU hatte bei der Landtagswahl am 27. Oktober 11,7 Prozentpunkte verloren, während die AfD 12,8 Prozentpunkte hinzugewann.

Brief auf Twitter unterwegs

In dem Appell, der dem SPIEGEL vorliegt und dessen Echtheit von Kellner bestätigt wird, heißt es, dass zwar keine Koalition in Betracht käme, jedoch "alles dazwischen unter Demokraten" besprochen werden könne, "um auszuloten, ob und wie eine stabile Regierung gebildet werden kann". Es könne nicht sein, "dass fast ein Viertel der Wählerstimmen bei diesen Gesprächen außen vor bleiben sollen". Das Wort "AfD" taucht in dem Text, der in Teilen bereits auf Twitter kursiert, nicht auf.

Auch eine indirekte Kritik an dem CDU-Spitzenkandidaten Mike Mohring findet sich in dem Schreiben, der im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ablehnte. "Die Ausschließeritis, die von allen Seiten im Rahmen des Wahlkampfes an den Tag gelegt wurde, hat zu einer sehr schwierigen Konstellation der Regierungsbildung geführt. Dieser Umstand lässt sich nicht allein durch den Verweis auf Parteitagsbeschlüsse und wohlfeile Ratschläge aus der Nachbarschaft lösen."

In geheimer Wahl mit Stimmen der AfD?

In der CDU gibt es einen Parteitagsbeschluss, der jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt. In der CDU-Landtagsfraktion hat man bei einem ersten Treffen nach SPIEGEL-Informationen am vergangenen Mittwoch eine einstimmige Entscheidung getroffen, nicht mit den Linken zu koalieren oder zusammenzuarbeiten - zur AfD fasste man solch einen Beschluss seit der Landtagswahl nicht. Dafür hat der Landesvorstand bereits beschlossen, keine Koalition mit der AfD zu bilden.

Dem vorläufigen Wahlergebnis in Thüringen nach gibt es für keine mögliche Koalition bisher eine Mehrheit, weil CDU und FDP eine Koalition mit AfD und Linken ausschließen, die gemeinsam aber mehr als 50 Prozent der Stimmen erhielten. Mögliche Regierungsoptionen sind eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung oder eine Minderheitsregierung aus CDU, SPD, FDP und Grünen.

Als weitere Alternative bestünde die Möglichkeit, dass die CDU bei der Wahl des Ministerpräsidenten einen eigenen Kandidaten aufstellt. Mit Stimmen von CDU, FDP und AfD hätten sie in der geheimen Wahl eine Mehrheit gegenüber Rot-Rot-Grün und deren wahrscheinlichen Kandidaten Bodo Ramelow, dem bisherigen Ministerpräsidenten. Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, forderte bereits am Wahlabend im Gespräch mit dem SPIEGEL, dass die CDU einen eigenen Kandidaten aufstellen solle.

spiegel


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