Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hat den voraussichtlichen Ausgang der Wahl in Großbritannien als "starkes Mandat" für seinen Brexit-Kurs bezeichnet. Er habe nun den Wählerauftrag, das Land zusammenzuführen und es "voranzubringen", erklärte Johnson am frühen Freitagmorgen in London.
Nach Auszählung von rund 600 der 650 Wahlkreise ist klar: Seine konservativen Tories errangen mindestens 326 Sitze - und damit die absolute Mehrheit im Unterhaus. Das ermöglicht es Johnson, sein mit der EU ausgehandeltes Brexit-Abkommen zügig vom Unterhaus verabschieden zu lassen. Er könnte damit Großbritannien bis zum Ablauf der geltenden Frist am 31. Januar aus der Europäischen Union führen.
Johnson konnte auch seinen Londoner Wahlkreis Uxbridge mit klarer Mehrheit halten: Er holte offiziellen Angaben zufolge rund 7000 Stimmen mehr als sein nächster Mitbewerber. Im Vorfeld der Wahl waren Spekulationen laut geworden, Johnson könnte seinen Parlamentssitz verlieren, seine Partei die Wahl aber insgesamt gewinnen. Das hätte die Position des Premierministers schwächen können. Nun erklärte er: "Wir leben in der großartigsten Demokratie der Welt."
So reagiert die Labour-Partei
Als großer Wahlverlierer gelten die Labour-Partei und ihr Chef Jeremy Corbyn. Nach Berechnungen der BBC kommen sie nur auf 199 der insgesamt 650 Mandate - das wäre ein historisch schlechtes Ergebnis. Corbyn erkannte die Niederlage von Labour an und kündigte am Freitagmorgen an, seine Partei nicht mehr in eine Wahl führen zu wollen. Es sei jedoch nach der Niederlage ein Reflektionsprozess für die Partei notwendig, den er als Parteichef begleiten wolle.
Labour fuhr mit einer unentschiedenen Haltung zum Brexit eines der schlechtesten Ergebnisse der jüngeren Geschichte ein und verlor die vierte Parlamentswahl in Folge gegen die Konservativen. "Das ist offensichtlich eine sehr enttäuschende Nacht", sagte Corbyn. Schon kurz nach Bekanntwerden der ersten Wahlprognosen hatte die ersten Labour-Politiker Corbyn zum Rücktritt aufgefordert.
Kommt ein neues schottisches Unabhängigkeitsreferendum?
In Schottland liegt die Schottische Nationalpartei SNP vorne. Das befeuerte Spekulationen über ein möglicherweise bevorstehendes neues Unabhängigkeitsreferendum. Regierungschefin Nicola Sturgeon wertete den prognostizierten Wahlausgang auf Twitter als "bitter" für das Land. Gleichzeitig freute sie sich über das starke Abschneiden ihrer SNP.
"Boris Johnson mag ein Mandat haben, England aus der EU zu führen", sagt Sturgeon im Sender Sky News. "Er hat aber ausdrücklich kein Mandat, Schottland aus der EU zu führen. Schottland muss über sein Schicksal selbst bestimmen."
Die Chefin der britischen Liberaldemokraten, Jo Swinson, verlor ihr Mandat. Das teilte der zuständige Wahlleiter im schottischen Dunbartonshire East mit. Ihr Sitz ging an die Kandidatin der SNP. Swinson hatte sich dafür ausgesprochen, den Brexit einfach abzusagen. Noch vor wenigen Monaten gab sie das Ziel aus, Premierministerin zu werden.
spiegel
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