BMW 2er Gran Coupé - Sport und Sparen?

  19 Februar 2020    Gelesen: 839
  BMW 2er Gran Coupé - Sport und Sparen?

Ein Coupé gab es bei BMW bis dato nur im höheren Zahlenbereich. Mit dem 2er Gran Coupé haben die Bayern jetzt aber einen extravaganten Einsteiger im Programm. Aber kann der fahrtechnisch den Großen das Wasser reichen?

Mit dem neuen BMW 2er Gran Coupé tragen die Bayern die Idee ihres Luxusliners, des 8er Gran Coupé, jetzt in die Mittelklasse. Der kleine Bruder soll vor allem in Märkten wie den USA und China den Einstieg in die bajuwarische Premium-Welt bilden. Natürlich gilt das auch in Deutschland und ganz Europa.

Aber der fesche Sportler mit typischer Coupé-Silhouette, rahmenlosen Seitentüren und serienmäßigem LED-Licht hat seinen Preis. Der Einstieg für den 4,53 Meter langen und nur 1,42 Meter flachen Sportler liegt als 218i mit Vierzylinder-Benziner, Handschaltung und 140 PS bei immerhin 31.950 Euro. Klar, dafür gibt es einen echten BMW, der sich schlicht mit "flach, breit, sportlich" beschreiben lässt.

Wer aber den echten Sportler in den Reihen der 2er-Gran-Coupé-Range sucht, der muss noch einmal 20.000 Euro drauflegen. Dafür kann er dann mit dem M235i xDrive aber auch richtig vom Leder ziehen. Nicht nur optisch, wo die Mesh-Niere, spezifische Spangen an den äußeren Lufteinlässen, Spiegelkappen, eine schwarze M Heckschürze, doppelbordige Endrohre und ein dezenter Heckspoiler die Spreu vom Weizen trennen, sondern vor allem antriebsseitig. Unter seiner Haube pumpt nämlich der 4-Zylinder, der bereits den M135i beflügelt.

Kein sturer Brenner

Aus 2,0 Litern Hubraum kitzeln die Ingenieure hier dank TwinPower-Turbo-Technologie 306 PS und ein maximales Drehmoment von 450 Newtonmetern, das bereits ab 1750 Umdrehungen anliegt. Wer hier mithilfe der Launch Control einen waschechten Rennstart hinlegt, kann zusehen, wie die digitale Tachonadel des 235i in 4,9 Sekunden an der 100 vorbeizieht und sich bei anhaltendem Druck auf das Gaspedal mühelos in Richtung 250 bewegt. Dort wird der Vortrieb dann elektronisch beendet. Schade, denkt der Getriebene, da ist doch noch mehr drin. Der verstärkte Kurbeltrieb, die neuen Kolben mit geänderter Verdichtung und der größere Abgasturbolader in Integralkrümmerbauweise mit integriertem Schubumluftventil können doch nicht umsonst sein.

Sind sie mit Sicherheit nicht, aber der eigentliche Spaß liegt auch beim M235i nicht im sturen, ungebremsten Geradeauslauf, sondern im Spiel von Fahrer und Auto mit den Kurven. Genau hier kann der kompakte Bayer sein ganzes Können zeigen. Mit seinem M Sportfahrwerk kauert er sich 10 Millimeter dichter an den Asphalt, ist aber auch dauerhaft auf Dynamik ausgelegt und damit gerade auf schlechtem Asphalt oder der Langstrecke nicht jedermanns Sache. Interessanter ist hier schon die Option des adaptiven Fahrwerks mit zwei Dämpfercharakteristiken: Comfort und Sport. Im Erstgenannten schlagen die vorgespannten Stabilisatoren beim Überlaufen von Querfugen immer noch tonal an, reichen aber nur sehr wenig in den Innenraum durch.

Mit jeder Kurve besser

Wer sich natürlich auf die Kurvenjagd macht, der tastet das Fahrwerk auf Sport, spürt die spontan ansprechende M-Sportlenkung, die bei kleinen Bewegungen den Bayern schon in die gewünschte Richtung schiebt. Aber Achtung! Das gilt es zu lernen. Auch beim M235i hat man in München darauf geachtet, ihm die bewährten Gene dieser typisch kurz übersetzten Lenkung mitzugeben. Es will also erfahren werden, wie direkt das kompakte Gran Coupé auf Lenkbefehle reagiert. Aber mit jeder Kurve spürt man den Bayern besser. Schmiegt sich enger in den Sportsitz, der lange nicht mehr diese Umklammerung übt, wie das früher bei BMW war.

Noch immer hält der Sitz den Piloten extrem gut fest, lässt ihn in der Kehre weder nach links oder rechts rutschen, aber man muss nicht mehr dieses unbeschreibliche Gardemaß haben, um überhaupt in das Gestühl zu passen. Und so werden Fahrer und Fahrzeug über die Distanz und mit jeder Kurve zur Einheit. Allradgetrieben in einem Verhältnis von bis zu 50 zu 50 wird die Antriebskraft auf die Räder gebracht. Das Ganze geschieht in Abhängigkeit von Gaspedalstellung, Motormoment, Geschwindigkeit und Lenkwinkel. Alles in allem gibt es dem Fahrer die Möglichkeit, jede Kurve härter anzubremsen, kontrollierter einzulenken und dynamischer herauszubeschleunigen. Und so fühlt sich der M235i extrem gut ausbalanciert an. Hat als Sportler kein Gramm zu viel auf den Rippen, das an der falschen Stelle in die falsche Richtung schiebt.

Auch mal ein Schnurri

Nun lässt sich natürlich auch ein M235i nicht nur mit aufgerissenen Endrohr-Klappen im Dauerfeuer über die Piste peitschen, er kann auch anders. Zum Beispiel im Comfort Modus. Aber Obacht, hier scheint das Triebwerk wie eine Raubkatze im Käfig. Immer auf dem Sprung, grollt sie dem, der sie hinter Gitter gebracht hat. Unwirsch springt sie auf, wenn der Gasfuß unruhig auf dem Pin wippt, nachdem sie einen tiefen Atemzug genommen hat. Wer so in der Stadt unterwegs ist, wird den Eco-Pro-Modus lieben lernen. Hier wird die Wildkatze zu Omas Schnurri auf der Ofenbank. Leise brummend gibt sie die Kraft frei, zieht ohne großes Aufheben ihre Bahn und wird plötzlich auch im Verbrauch ganz genügsam.

Ja, so ein Biest kann bei Leistungsabruf schon einen ordentlichen Durst an den Tag legen. Erfahren wurden hier zweistellige Werte im unteren Zehnerbereich. Aber wie gesagt, man kann das Kätzchen auch problemlos in den einstelligen Bereich schnurren lassen. Klar, Sparfüchse werden hier immer noch mit Zurückhaltung reagieren. Aber auch für die gibt es in Zukunft ein interessantes 2er Gran Coupé in Form des 220d. Über das Triebwerk müssen nicht mehr viele Worte verloren werden. Längs eingebaut hat es auf diesen Seiten im Praxistest des 320d Touring als Sparmeister bereits großes Lob erfahren. Im 220d ist es quer eingebaut, treibt die Vorderräder an und gab sich aber auf der ersten Ausfahrt mit 6,1 Litern genauso genügsam wie der 3er als Mild Hybrid, den es übrigens später auch im Gran Coupé geben wird.

Spaß in sparsamer Form

Wer jetzt aber denkt, mit dem Diesel kann man nur sparen, der irrt. Natürlich kann man auch mit dem mindestens 39.900 Euro teuren Selbstzünder Spaß haben und einen sauberen Strich durch die Kehre ziehen. Hier wird die Traktion nämlich durch die Dynamische Stabilitäts-Kontrolle (DSC) geregelt. Damit die im Zehntelsekundenbereich eingreifen kann, "wurden die Schlupfregler direkt im Motorsteuergerät statt im Steuergerät des DSC verbaut", erklärt Lutz Neumann, der den Antrieb des 2er Gran Coupés verantwortet. "Ohne lange Signalwege werden die Informationen dreimal schneller weitergeleitet, die für den Fahrer erlebbare Regelung läuft sogar bis zu zehnmal schneller ab", so Neumann weiter. Im Fahrprozess selbst stellt sich das so dar: Noch bevor der Grenzbereich erreicht ist, wird das kurveninnere Rad gezielt eingebremst und ein Durchdrehen verhindert. Ja, das können andere Hersteller auch, aber eben nicht so schnell.

Aber ist das 2er Gran Coupé jetzt auch ein echtes Familienauto? BMW sagt ja, der Autor sagt, mit Einschränkungen. Tatsächlich ist der Raum für Fahrer und Beifahrer für die Klasse erstaunlich großzügig. Wer aber hinten sitzt, muss sich ab einer Größe von 1,75 Meter tief in die Polster kuscheln, um nicht mit dem Schädel am Dachhimmel zu schaben. Da die Kniefreiheit dank eines Radstandes von 2,67 Meter ordentlich ist, lässt sich das für kleine Menschen machen, aber Hochgewachsene stoßen auch hier an ihre Grenzen. Das Kofferraumvolumen ist mit 430 Litern für die Klasse hingegen ordentlich bemessen und dürfte auch längere Ausflüge möglich machen.

Der hat sogar Witz

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch sämtliche Assistenten, die man aus den höheren Klassen der Bayern kennt, auch für das 2er Gran Coupé verfügbar sind. Zur Serienausstattung in Europa gehört die Auffahr- und Personenwarnung mit City-Bremsfunktion, die auch auf Radfahrer hinweist. Je nach Situation kann das System das BMW 2er Gran Coupé bis zum Stillstand verzögern und damit eine Kollision vermeiden oder deren Folgen minimieren. Serienmäßig an Bord ist auch die bei Geschwindigkeiten zwischen 70 und 210 km/h nutzbare Spurverlassenswarnung mit aktiver Rückführung. Optional gibt es noch den "Driving Assistant" mit Spurwechselwarner bis 250 km/h, Heckkollisionswarner und Querverkehrswarner. Zudem Parkassistent, Rückfahrkamera oder Rückfahrassistent, der sich Distanzen über 50 Meter merkt und die selbständig repetieren kann.

Natürlich gibt es auch den persönlichen Assistenten, der mit "Hey BMW", aber auf Wunsch auch mit "Hey Joe" oder jedem x-beliebigen Namen angesprochen werden kann. Das System lernt Gewohnheiten, Abläufe und Vorlieben des Fahrers kennen und kann sogar als witziger Gesprächspartner dienen. So antwortet das System auf die Frage "Was hältst du von Mercedes?" "Oh, die bauen tolle Autos. Aber wir beide haben doch gerade Freude am Fahren oder?" Kann man machen, ist ganz bestimmt nicht kriegsentscheidend, macht aber das Auto persönlicher und ein wenig mehr zum Partner.

Quelle: ntv.de


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