Familienminister arbeiten an Fahrplan für schrittweise Kita-Öffnung

  25 April 2020    Gelesen: 1075
Familienminister arbeiten an Fahrplan für schrittweise Kita-Öffnung

Die Bundesländer wollen bis zum 30. April einen Beschluss zu möglichen Wiedereröffnungen von Kitas vorlegen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse spielen bei der Entscheidung eine Rolle.

Die Kitas bleiben für den regulären Betrieb noch mindestens bis zum 6. Mai geschlossen. Dennoch verhandeln die Familienminister der Länder bereits jetzt über einen Fahrplan für die Zeit danach. "Wir arbeiten das in diesen Tagen in den Ländern aus und werden den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten bis zum 30. April einen Beschlussvorschlag der Familienminister vorlegen", sagte Hamburgs Familiensenatorin Melanie Leonhard.

Die SPD-Politikerin ist bei den Planungen gemeinsam mit ihrem Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen federführend. "Wenn wir nicht wollen, dass die Eltern aus Verzweiflung irgendwann wieder die Kinder durch Großeltern und andere betreuen lassen, dann müssen wir dieses Thema jetzt intensiv abwägen."

"Mein Wunsch ist, dass es nicht mehr so lange dauert"
Auf ein konkretes Datum für eine Öffnung konnte und wollte Leonhard sich dabei nicht festlegen. "Mein Wunsch ist, dass es nicht mehr so lange dauert", sagte die SPD-Politikerin. Die Corona-Prävention habe im Moment Vorrang. Jede künftige Entscheidung müsse aber am Wohl der Kinder Maß nehmen. "Es geht darum, die Rechte von Kindern, die Bedürfnisse von Eltern und den Schutz der Gesundheit, auch von Erzieherinnen und Erziehern, in Einklang zu bringen", sagte Leonhard.

Die Länder bräuchten jedoch die Möglichkeit, die schrittweise Wiedereröffnung individuell umzusetzen. Das sei wichtig, weil die Situation nicht nur in den Kitas einer Stadt, sondern auch in den Kommunen sehr unterschiedlich sei. Eine für alle Kitas gleichermaßen gültige starre Regel könne es deshalb nicht geben.

Bei den Absprachen für einen bundesweiten Beschluss spielt Leonhard zufolge auch die wissenschaftliche Debatte eine Rolle. So würden Kinder das neuartige Coronavirus möglicherweise nicht so stark übertragen wie zunächst angenommen.

"Entscheidungen werden im Kontext ihrer Zeit getroffen. Seit wir die Einstellung der Kita-Regelbetreuung verfügt haben, hat sich die Erkenntnislage verändert und die getroffenen Entscheidungen müssen neu bewertet werden", sagte Leonhard. Welche Ergebnisse sie genau meint, sagte sie nicht.

Das Hauptargument für eine Wiedereröffnung: Kinder erkranken nur selten schwer an Covid-19. Welche Rolle sie bei der Übertragung spielen, ist jedoch noch nicht sicher belegt. Die ersten positiv getesteten Kinder in Deutschland hatten keine Symptome. Bei ihnen konnte das Virus nur über vergleichsweise kurze Zeit in den Atemwegen nachgewiesen werden. Danach konnten sie wahrscheinlich niemanden mehr durch Husten, Niesen oder Sprechen anstecken.

In Frankreich steckte ein positiv getestetes neunjähriges Kind laut einer aktuellen Studie offenbar niemanden mit dem Coronavirus an. Tests auf das Coronavirus bei allen 172 Kontaktpersonen des Kindes fielen negativ aus, selbst bei den Geschwistern.

Auch Daten aus Island legen nahe, dass Kitas keine Treiber der Pandemie sind. In einer aktuellen Untersuchung waren 13.000 Isländer auf eine aktive Infektion mit dem Coronavirus getestet worden, unabhängig von Symptomen. Ergebnis: 0,6 Prozent der Frauen und 0,9 Prozent der Männer trugen das Virus in sich. Aber kein Kind unter zehn Jahren, bei Kindern ab zehn Jahren lag der Wert bei 0,8 Prozent.

Von anderen Infektionskrankheiten ist allerdings bekannt: Kinder treiben Ansteckungswellen an. Das Robert Koch-Institut hält es für plausibel, dass sie auch bei der Corona-Pandemie eine Rolle spielen. Das Virus gilt als leicht übertragbar, selbst wenn noch keine Symptome auftreten.

Das RKI empfiehlt deshalb auch für Kinder:

  • Mindestens 1,5 Meter Abstand zu anderen halten
  • Treffen von maximal zwei Personen
  • Kinder, die keinen Abstand halten können, sollten zu Hause bleiben - ebenso kranke Kinder
  • Die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken, ist drinnen höher als draußen

Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen sei es aber auch wesentlich, die Entwicklungschancen von Kindern und den Zugang zu früher Bildung zu berücksichtigen, betonte Familienministerin Leonhard. Mindestens bis zum 6. Mai müssen sich Kinder, Eltern und Kita-Mitarbeiter noch gedulden. Vor diesem Datum wird es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zufolge keine Änderungen der bestehenden Regeln geben.

spiegel


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