Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat angesichts der massiven Hilfen in der Corona-Krise vor einer Überforderung des Staates gewarnt. Es gebe im Moment ein verbreitetes Gefühl, "wir könnten jedes Problem mit unbegrenzten staatlichen Mitteln lösen, und die Wirtschaft kriegen wir hinterher wieder mit einem Konjunkturprogramm in Gang", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel".
Der Staat könne aber "nicht auf Dauer den Umsatz ersetzen", betonte Schäuble. In seiner Amtszeit als Bundesfinanzminister war es gelungen, von 2014 an Haushalte ohne Neuverschuldung aufzustellen. "Wir werden mit den klassischen Mitteln umso weniger anfangen können, je länger die Krise dauert", betonte Schäuble. Es werde zu strukturellen Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik kommen.
Die bekannten Probleme bleiben
Der Parlamentspräsident rief dazu auf, die Corona-Krise als Chance zu nutzen, um in den Hintergrund getretenen Krisen zu bekämpfen. "Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt - all die Schäden, die wir Menschen und vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun", betonte Schäuble und warnte: "Hoffentlich werden uns nicht wieder nur Abwrackprämien einfallen, die es der Industrie ermöglichen, weiter zu machen wie bisher."
Der Bundestagspräsident äußerte auch die Sorge vor einem Kippen der Stimmung in der Bevölkerung. "Es wird schwieriger, je länger es dauert." Der Weg zurück aus dem Stillstand sei viel schwieriger. Man müsse vorsichtig Schritt für Schritt vorgehen und bereit sein, zu lernen. "Manche sagen, wenn's zu viel war, muss man Lockerungen wieder zurücknehmen." Doch das Zurücknehmen werde viel schwieriger. "Wir dürfen nicht allein den Virologen die Entscheidungen überlassen, sondern müssen auch die gewaltigen ökonomischen, sozialen, psychologischen und sonstigen Auswirkungen abwägen", mahnte Schäuble.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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