Washingtons altes Spiel: Gegen Peking schießen und ins eigene Fleisch treffen

  23 Mai 2020    Gelesen: 983
    Washingtons altes Spiel:     Gegen Peking schießen und ins eigene Fleisch treffen

Der Kampf Washington gegen Peking geht weiter – jetzt auf dem Finanzplatz. Chinesische Konzerne sollen vom amerikanischen Kapital abgeschnitten werden, das entsprechende Gesetz ist unterwegs. Möge Washington aufpassen.

Es gab eine Zeit, da waren Firmen aus China versessen darauf, ihre Aktien an amerikanischen Börsen zu listen (damals war die Globalisierung noch unaufhaltsam und unausweichlich). Ein Börsengang in den USA machte den Weg zu großem Geld frei, eröffnete Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit internationalen Banken. Für die chinesischen Firmen hatte eine Listung an der NYSE oder dem Nasdaq auch etwas von Anerkennung: Es war wie ein Ritterschlag, ein Bekenntnis, dass man zu den Größten gehöre in der internationalen Wirtschaft.

Washington seinerseits erhielt Hebel gegen die chinesischen Firmen in die Hand, die sich durch den Börsengang in den USA mit amerikanischen Investoren einließen. Jetzt können wir beobachten, wie Washington diese Hebel gegen Peking einsetzt: Der US-Senat hat einstimmig (!) einen Gesetzentwurf angenommen, laut dem die an amerikanischen Börsen gelisteten Firmen aus China zum Börsenabgang gezwungen werden sollen.

Die „BBC“ berichtet: „Der US-Senat hat einen Gesetzentwurf angenommen, laut dem einigen chinesischen Firmen verboten werden kann, Aktien an amerikanischen Börsen zu verkaufen. Das Gesetz schreibt ausländischen Firmen vor, den amerikanischen Finanzstandards zu entsprechen … und öffentlich zu erklären, ob sie einer ausländischen Regierung gehören bzw. ausländischer Kontrolle unterliegen.“ Das Gesetz müsse noch vom Kongress verabschiedet werden, bevor es durch Trumps Unterschrift in Kraft trete.

Theoretisch trifft das Gesetz jedes ausländische Unternehmen, konkret aber ist es (darauf weist die „BBC“ hin) gegen chinesische Konzerne gerichtet. Chinesische Staatsfirmen sind nicht unbedingt begeistert davon, Prüfer aus den USA in ihre Führungsetagen einlassen zu müssen. Und Übergaben relevanter Finanzinformationen an das Ausland sind in China sogar verboten. Dass Peking diese Regelung in einem Akt erniedrigender Gefälligkeit an Washington lockert, ist höchst unwahrscheinlich.

Das System hat doch auch jahrelang bestens funktioniert: Durch den Börsengang chinesischer Firmen in den USA erhielten amerikanische Investoren die Möglichkeit, vom Boom der chinesischen Wirtschaft anhand von Dividenden aus staatlichen Öl-, Telekommunikations- und Immobilienkonzernen zu profitieren. Lästige Fragen oder Anforderungen stellten die Amerikaner nicht. Dass der amerikanische Gesetzgeber seine Meinung jetzt ändert, hat nichts mit Wirtschaftsskandalen in China zu tun, sondern folgt unmittelbar aus dem politischen Konflikt Washingtons gegen Peking.

Übrigens: Die ersten Leidtragenden dieses Stimmungswechsels sind amerikanische Rentner, die ihren Lebensunterhalt aus den Pensionskassen für Beamte und Militärangehörige beziehen. Den Rentenfonds ist es laut „Forbes“ neuerdings per Präsidentenerlass verboten, Geld in chinesische Wertpapiere zu investieren. Antichinesische Gefühle setzen sich durch gegen wirtschaftliche Vernunft. Als nächstes zu erwarten ist ein Verbot für amerikanische Banken, chinesische Firmen mit staatlicher Beteiligung zu finanzieren. Lässt sich problemlos verhängen, wie ein vergleichbares Verbot auf die Finanzierung russischer Konzerne gezeigt hat.

Ein Vorteil, den die US-Führung aus dem Weggang chinesischer Firmen von amerikanischen Börsen ziehen könnte, wäre ein kurzfristig einsetzender Preisverfall auf chinesische Aktien. Wertpapiere größter Staatskonzerne – China Petroleum & Chemical Corporation, Alibaba Group oder China Mobile – im Sinkflug: Bei amerikanischen Wählern käme das an wie ein überwältigender Sieg des Weißen Hauses an der Finanzfront.

Doch dieser Sieg wäre ein illusorischer: Vorausschauende internationale und chinesische Investoren würden die Konzernaktien in Hongkong aufkaufen und dem Weißen Haus danken für das großzügige Geschenk in Form billiger Wertpapiere. Die amerikanischen Wähler würden davon wenig mitbekommen. Sie hätten weiterhin ihre eigenen Probleme: mit den fehlenden Arbeitsplätzen in der abgewanderten Industrie. Denn man kann mit Sanktionen zwar chinesische Aktien aus dem amerikanischen Börsenhandel entfernen, aber neue Werke und Fabriken baut man mit Sanktionen sicherlich nicht.

sputniknews


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