"Ich bin gegen den Weg der Kredite"

  19 Juni 2020    Gelesen: 666
"Ich bin gegen den Weg der Kredite"

Gregor Gysi springt Kanzlerin Angela Merkel bei: Im Ringen um Hilfen für von der Coronakrise gebeutelte EU-Staaten verteidigt er ihren Wiederaufbauplan gegen die Idee der "Sparsamen Vier". Armen Ländern neue Kredite aufzubürden, hält er für kontraproduktiv.

Kurz vor Beginn des großen Feilschens beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs hat Gregor Gysi die in Aussicht gestellten Hilfen für die Länder des europäischen Südens begrüßt. Wie groß die Summen sein werden, die über den Wiederaufbauplan verteilt werden, sei erstmal Verhandlungssache. Da wollte sich der außenpolitische Sprecher der Linken auf keine Forderung festlegen. Hilfe in Form von Krediten lehnte Gysi im "ntv Frühstart" aber entschieden ab.

Nüchtern stellte der langjährige Vorsitzende der Bundestagsfraktion fest, dass die EU gefährdet sei, weil in den vergangenen Monaten die Mitgliedsstaaten unsolidarisch gehandelt hätten. "Bei der Pandemie haben alle erst sehr national gehandelt. Dann haben sie doch erkannt, dass es multinational gehen muss", sagte Gysi im "Frühstart" von RTL/ntv.

Gysi unterstützte ausdrücklich den von Angela Merkel und Emmanuel Macron initiierten Wiederaufbauplan. "Das braucht der Süden auch und natürlich gibt es dagegen Widerstand." Kritisch steht er den Forderungen der sogenannten "Sparsamen Vier" gegenüber. "Ich bin gegen den Weg der Kredite." Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden wehren sich immer noch gegen den Plan, als Kredit aufgenommenes Geld als reine Zuschüsse an bedürftige Staaten weiterzugeben.

Aber genau dafür plädierte Gysi: "Wir müssen da jetzt Geld hingeben für den Aufbau, damit die Staaten auch wirklich vorankommen und nicht wieder unter Schulden, Zinsen und Belastungen leiden, dass der Aufbau gar nicht gelingt."

Zum Umfang der Hilfen wollte sich Gysi nicht festlegen. Die Forderung der Linken-Abgeordneten im Europaparlament, zwei Billionen Euro für den Wiederaufbau bereitzustellen, relativierte er. "Ob es nun der Betrag sein muss oder ein anderer - Hauptsache, es fließt etwas und es beginnt dort der Aufbau."

Perspektive Rot-Rot-Grün

Zu einem Regierungsbündnis von Rot-Rot-Grün auf Regierungsebene äußerte sich der prominente Linke skeptisch. "Wenigstens die Hälfte der Bevölkerung muss auf Veränderung drängen. Wenn eine Stimmung nicht da ist, wenn ein Zeitgeist nicht da ist, hat das keinen Sinn." Und Gysi sieht den Zeitgeist nicht. Er schickte hinterher: "Aber das kann im nächsten Jahr anders sein."

Gysi wünschte sich ein Bündnis der drei Parteien mit der Mitte der Gesellschaft, "um die oben gerecht heranziehen zu können". Eine zentrale Rolle käme dem Mittelstand zu. "Ohne den Mittelstand werden wir eine gerechte Besteuerung der Konzerne und Banken nie hinbekommen."

Eine weitere Kandidatur zur nächsten Bundestagswahl hält sich Gysi offen. Offenbar findet er Gefallen an seinem noch relativ neuen Amt als außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.

Quelle: ntv.de, ako


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