Kleinerer Bundestag - Durchbruch bei Wahlrechtsreform

  01 Juli 2020    Gelesen: 309
  Kleinerer Bundestag - Durchbruch bei Wahlrechtsreform

Sitzen im kommenden Bundestag mehr als 800 Abgeordnete? Für die meisten Parteien ist dies keine verlockende Vorstellung. Doch eine Reform kommt nicht zustande. Nun drängt die Zeit, um noch vor der nächsten Wahl eine Lösung zu erreichen. Und plötzlich kommt Bewegung in die Debatte.

Nach der Einigung der Union auf ein Modell für eine Wahlrechtsreform wird mit Spannung die Reaktion der SPD erwartet. Das Modell der CDU/CSU sieht für die Bundestagswahl 2025 eine moderate Verringerung der Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 und das Nicht-Ausgleichen von sieben Überhangmandaten vor. In der mehr als dreistündigen Diskussion der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte sich am Vorabend nach Angaben von Teilnehmern zudem eine Mehrheit dafür abgezeichnet, dem Koalitionspartner SPD vorzuschlagen, dieses Modell bereits für die Wahl 2021 anzuwenden.

Die Zahl der Parlamenarier war nach den letzten Wahlen immer weiter gestiegen, weil Parteien wie CDU, CSU und SPD mehr Direktmandate gewonnen hatten als ihnen nach dem Zweistimmenergebnis zustehen würden. Um die Stärke der Parteien nach dem Zweitstimmenergebnis abzubilden, wurden mit einem komplizierten Verfahren Ausgleichs- und Überhangmandate vergeben. Nach der nächsten wahl im kommenden Herbst 2021 könnte der Bundestag auf mehr als 800 Abgeordnete anwachsen.

AKK: Auch Bürgern wird viel abverlangt

Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern gab es die ungewöhnlich hohe Zahl von mehr als 50 Wortmeldungen. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sprachen sich demnach für eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise schon zur Wahl 2021 aus. Kramp-Karrenbauer betonte mit Blick auf eine mögliche coronabedingte Rezession, den Bürgern müsse viel abverlangt werden, auch an Reformen. Wenn es um Politiker selbst gehe, müsse daher mutig und zupackend gehandelt werden. Kanzlerin Angela Merkel äußerte sich in der Diskussion nicht. Sie hatte allerdings zuvor auch mehrfach angekündigt bei der Wahl 2021 nicht mehr anzutreten.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in der Diskussion nach Angaben anderer Teilnehmer, bei einer Wahlrechtsreform sei äußerste Sensibilität geboten. Der Umgang mit dem Wahlrecht habe große Auswirkungen auf das Empfinden der Bürger, langfristige Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags und entscheidenden Einfluss auf die Wahrnehmung der Demokratie in Deutschland. Er wurde mit den Worten zitiert: "Gewinnern eines Wahlkreises den Einzug in den Bundestag zu verweigern, ist keine Option."

Rasche Verhandlungen mit der SPD

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und Dobrindt erhielten von den Abgeordneten demnach ein Mandat, darüber zunächst mit der SPD zu verhandeln. Sie wollen nun rasch auf SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zugehen. Dobrindt hatte zuvor einen wesentlichen Knackpunkt gelöst, indem er für die CSU nach jahrelanger Ablehnung die Bereitschaft signalisierte, einer Reduzierung der Zahl der Wahlkreise zuzustimmen.

Aus Fraktionskreisen hatte es geheißen, man strebe eine Grundsatzeinigung mit dem Koalitionspartner noch in dieser Woche an. Mützenich hatte erklärt: "Wir stehen jede Stunde, jeden Tag zur Verfügung, uns in dieser Woche, aber auch in der nächsten Zeit noch mit weiteren Reformvorschlägen zu befassen." Bis September müsse der Bundestag darüber entscheiden. Die Union habe "interessante Vorschläge" gemacht. In der Union hieß es, man erwarte für Freitag lediglich eine Debatte, aber keine Abstimmung.

FDP, Grüne und Linke, die einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorgelegt haben, fordern eine Entscheidung im Bundestag bereits in dieser Woche. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, hatte gefordert, die Beratungen im Innenausschuss an diesem Mittwoch abzuschließen, den Entwurf dann am Freitag im Bundestag in die abschließende Beratung zu geben und zur Abstimmung zu stellen.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts


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