Merkel sprach von einer außergewöhnlichen Situation. Sie erwarte weitere harte Verhandlungen. Macron zeigte sich ebenfalls verhalten zuversichtlich. Es gebe einen „Geist des Kompromisses“. Man sei vorangekommen in der Frage des Umfangs des Aufbaufonds für besonders von der Corona-Krise betroffene Staaten, erklärte Macron.
Die Beratungen sollen um 16 Uhr fortgesetzt werden. Es ist der bereits der vierte Gipfeltag. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen forderte die 27 EU-Regierung auf, ihren Streit über das künftige Finanzpaket beizulegen. Bundesaußenminister Maas mahnte angesichts der erneuten Verlängerung Einigungsbereitschaft auf allen Seiten an. Maas sagte in Berlin, dass weiterverhandelt werde, zeige, dass alle eine Lösung wollten. Es seien gewaltige Kraftanstrengungen nötig, um Europa wieder stark zu machen.
Der Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Röttgen, warnte vor einem Scheitern des Gipfels. Das Ausmaß von Egoismen einzelner Teilnehmer sei enttäuschend, kritisierte Röttgen im ARD-Fernsehen. Luxemburgs Außenminister Asselborn sagte im Deutschlandfunk, die Debatte über das Hilfsprogramm werde von „Kleinkrämergeist“ bestimmt.
Was ist der Stand der Dinge?
Hauptstreitpunkt ist immer noch die Frage, wie viele Zuschüsse aus dem geplanten Corona-Krisenplan an EU-Staaten vergeben werden könnten. Ursprünglich lautete der Vorschlag für das Konjunktur- und Investitionsprogramm: ein Gesamtumfang von 750 Milliarden Euro, davon 500 Milliarden an Zuschüssen, die die Empfänger nicht zurückzahlen müssen.
Die sogenannten „sparsamen Länder“ – Österreich, die Niederlande, Dänemark, Schweden und Finnland – wollen aber verhindern, dass ein Großteil der Hilfen als Zuschuss vergeben wird. Stattdessen fordern sie, einen größeren Anteil als Kredite bereitzustellen. Berichten zufolge sieht ein neuer Kompromiss von Ratspräsident Michel vor, den Anteil der Zuschüsse auf 390 Milliarden Euro zu begrenzen. Ursprünglich sollten es 500 Milliarden sein.
Auch die Kontrolle ist strittig
Strittig ist auch, in welchem Ausmaß die Empfängerstaaten kontrolliert werden sollen. Uneins sind die Staats- und Regierungschefs zudem bei der Frage über einen geplanten Rechtsstaatsmechanismus. Dieser würde die Auszahlung von EU-Geld künftig daran koppeln, ob die Empfängerländer rechtsstaatliche Standards einhalten. Vor allem Ungarn und Polen lehnen das ab.
Denkwürdige Verhandlungsnacht
Für den Dlf-Hauptstadtkorrespondenten Stephan Detjen steht schon jetzt fest: Es ist ein Gipfel, der Europa verändert: „Nach einer selbst für Brüsseler Verhältnisse denkwürdigen Verhandlungsnacht ist in Europa nichts mehr, wie es einmal war. Machtkonstellationen haben sich verschoben. Brüche und Konfliktlinien sind sichtbar geworden, die noch lange nach diesem Gipfel spaltend wirken werden.“
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