Tausende fordern Aufnahme von Flüchtlingen

  10 September 2020    Gelesen: 560
Tausende fordern Aufnahme von Flüchtlingen

Nach der Zerstörung des griechischen Flüchtlingslagers Moria durch einen Großbrand fordern in mehreren Großstädten Tausende Menschen die Aufnahme der Flüchtlinge. Während sich Berlin und die EU nicht einig werden, bricht erneut ein Feuer in dem Lager aus.

Nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos haben am Mittwochabend Tausende Menschen in Deutschland die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager gefordert. Die größte Demonstration fand in Berlin statt, wo rund 10.000 Menschen auf die Straße gingen, wie die Organisation Seebrücke der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.

Nach Angaben der Organisatoren demonstrierten unter anderem weitere 3000 Menschen in Köln und 2500 Menschen in Hamburg. Die Seebrücke hatte bundesweit zu spontanen Protesten und Kundgebungen aufgerufen. Die Insassen von Moria, die ihr letztes Dach über dem Kopf verloren hätten, "müssen sofort aufgenommen werden", forderte Julia Solbach von der Seebrücke. "Eine europäische Lösung ist nicht in Sicht, das heißt, einzelne Staaten müssen vorangehen."

In dem großteils zerstörten Flüchtlingslager ist am Mittwochabend ein neues Feuer ausgebrochen. Die Flammen loderten laut dem Bericht eines AFP-Fotografen in einem Teil des Lagers, das von der vorangegangen Brandkatastrophe nur wenig betroffen war. Erneut kam es zu Chaos: Flüchtlinge rannten aus dem Lager, während ihre Zelte verbrannten.


In der Nacht zum Mittwoch waren in Griechenlands größtem Flüchtlingslager mehrere Feuer nahezu zeitgleich ausgebrochen. Die Einrichtung, in der zu diesem Zeitpunkt rund 12.700 Menschen untergebracht waren, wurde großteils zerstört. Am Mittwochabend waren nach neuen Angaben der Behörden noch immer mindestens 3500 Flüchtlinge obdachlos.

Für die Obdachlosen werde fieberhaft nach Unterkünften gesucht, erklärte Migrationsminister Notis Mitarachi. Für die Bedürftigsten unter ihnen solle noch im Laufe des Abends eine Fähre ankommen, auf der sie vorübergehend unterkommen könnten. Am Donnerstag würden dann zwei Schiffe der griechischen Marine erwartet, die Flüchtlinge beherbergen sollen. Zudem sollten neue Zelte aufgebaut werden.

Zur Ursache der Brandkatastrophe hatte Mitarachi zuvor gesagt: "Die Feuer brachen aus, als die Asylbewerber gegen die verhängte Quarantäne protestierten." Der Minister ließ allerdings offen, ob es sich um bewusste Brandstiftung handelte. Wenige Stunden vor dem Ausbruch der Brände hatte das Migrationsministerium in Athen mitgeteilt, dass 35 Bewohner des Lagers positiv auf das Coronavirus getestet worden seien.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hat sich dagegen ausgesprochen, dass Deutschland bei der Lösung der Flüchtlingsfrage in Europa mit einer einseitigen Aufnahme von Migranten vorangeht. Nach dem Brand im griechischen Lager Moria sei schnelle humanitäre Hilfe nötig, machte der Bewerber um den CDU-Parteivorsitz im ZDF deutlich.

Darüber hinaus sei aber eine umfassende europäische Antwort nötig. "Hier wird man eine viel größere Lösung brauchen als nur einen deutschen Alleingang", sagte er. "Das ist nicht damit gelöst, dass alle nach Deutschland kommen." Sonst sei wenige Wochen später das Problem wieder da. "Es hilft auch nichts, wenn man es zu einer deutschen Aufgabe macht, es ist eine europäische." Sonst zögen sich die anderen EU-Länder zurück und wirkten nicht mit, erklärte er in der ARD.

Er teile genau den Ansatz und die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Der Innenminister (Horst Seehofer, CSU) muss jetzt mit seinen europäischen Kollegen eine Lösung finden", so Laschet im ZDF. Für eine Verteilung der Migranten sei dabei keine europaweit einheitliche Aufnahme nötig. "Wir brauchen erstmal ein paar Staaten", sagte Laschet. "Europäische Lösung heißt nicht: alle 27." Und: "Wenn ein Land wie Ungarn sagt, es macht bei dieser Lösung definitiv nicht mit, dann sollten wir es nicht mit Mehrheitsentscheidung zwingen."

Österreich lehnt Aufnahme weiter strikt ab

Österreich spricht sich weiter strikt gegen eine Aufnahme von Migranten aus dem Lager in Moria aus. "Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir hier nicht Signale ausschicken, die dann eine Kettenreaktion auslösen, der wir vielleicht nicht mehr Herr werden", sagte Außenminister Alexander Schallenberg in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB2".

Würde das Lager durch Verteilung der Migranten auf europäische Staaten geräumt, wäre es bald wieder voll, sagte der Minister. Sobald die Tür nach Europa einen Spalt offen sei, würden sich sofort viele Migranten auf den Weg machen. "Wir müssen die Debatte de-emotionalisieren, wir müssen sie rationalisieren." Es helfe nicht, bei jedem Zwischenfall oder einer Notlage nach Verteilung zu rufen. "Das kann nicht die Lösung sein", sagte Schallenberg. Österreich werde Griechenland vor Ort helfen. Die erschreckenden Bilder seien das Ergebnis einer derzeit nicht existierenden einheitlichen EU-Politik in der Migrationsfrage. Auch die Niederlande wollen keine Flüchtlinge aufnehmen, sondern "humanitäre Hilfe leisten", sagte die Staatssekretärin im Justizministerium, Ankie Broekers-Knol, dem TV-Sender RTL Nieuws.

ntv


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