Es klingt nach einem Abstieg. Sebastian Vettel wechselt von Ferrari, dem traditionsreichsten Team der Formel-1-Geschichte, das an diesem Wochenende in Mugello den 1000. Grand Prix bestreitet, zu Aston Martin - wie sein neues Team 2021 heißen wird. Und auch wenn der Name der legendären britischen Sportwagenmarke - James Bond lässt grüßen - zumindest im Ansatz ein Pendant zum italienischen Ferrari-Mythos sein kann: In Sachen Formel 1 ist da schon noch ein großer Unterschied.
Denn Aston Martin ist, Name und offizieller Werksteam-Status hin oder her, in der Tradition nichts anderes als das vor knapp 30 Jahren von Eddie Jordan gegründete Team, in dem 1991 Michael Schumacher in Spa sein Formel-1-Debüt feierte. Es folgten einige Besitzer- und Namenswechsel, als Midland, Spyker, Force India oder Racing Point feierte das Team ein paar Achtungserfolge. Ab 2021 heißt Racing Point nun Aston Martin. Besitzer Lawrence Stroll, ein kanadischer Textil-Milliardär, ist auch Großaktionär bei Aston Martin und hat den Namens-Deal eingefädelt. Und jetzt auch Vettel geholt.
Kurzfristig könnte der Wechsel für Vettel rein sportlich gesehen sogar einen Schritt nach vorne bedeuten. Denn während Ferrari wegen der Corona-Beschränkungen das Auto kaum weiterentwickeln darf und auch in der kommenden Saison mit dem massiv unterlegenen SF1000 antreten muss, hat Aston Martin mit der Kopie des Weltmeister-Mercedes von 2019 eine sehr solide Basis. Bei Racing Point hoffen die Verantwortlichen, den aktuellen Rennwagen durch kleine Veränderungen noch konstanter machen zu können - in diesem Jahr hatte das Team auf einigen Strecken noch Probleme.
Stroll setzt alles auf die Karte Vettel
Lawrence Stroll musste in seiner Anfangsphase in der Formel 1 mit dem Vorwurf leben, nur seinem Sohn Lance ein Cockpit sichern zu wollen. Lance Stroll wird im kommenden Jahr Vettels Teamkollege sein. Doch mittlerweile zeigt sich, dass Stroll senior mehr vorhat:
Vettel wird das Budget des Teams mit seinem Gehalt deutlich stärker belasten.
Stroll verzichtet auf einen zweistelligen Millionenbetrag, den der für Vettel vor die Tür gesetzte Sergio Pérez an Sponsorengeldern mitgebracht hatte. Außerdem muss dem Mexikaner, der einen Vertrag bis 2022 hatte, eine Abfindung gezahlt werden.
Bisher fuhr Racing Point in pink, dank Hauptsponsor BWT. Inwieweit diese Partnerschaft Bestand haben wird, muss sich zeigen. Pinke Aston Martins wird es wohl eher nicht geben, die Briten treten traditionell in grün an. BWT hatte in der Vergangenheit meist auf einen Komplett-Auftritt in den eigenen Farben bestanden - hier drohen dem Team weitere Einnahmeverluste.
Das alles nimmt Stroll in Kauf, um die Gunst der Stunde gemeinsam mit Vettel nutzen zu können. Denn durch das Budgetlimit werden in der kommenden Saison die Ausgaben aller Teams begrenzt. Das neue Concorde-Abkommen, eine Art Grundlagenvertrag für alle Rennställe, honoriert die Plätze drei bis fünf in der Teamwertung besser als früher - was die finanziellen Perspektiven für Aston Martin wieder verbessert. Und es kommt noch etwas hinzu: Das Team ist durch seine ganze Geschichte hindurch dafür bekannt, mit begrenzten Ressourcen sehr effektiv arbeiten zu können. Wie Mercedes, Red Bull und Ferrari in Zukunft mit diesen Vorgaben umgehen werden, muss sich erst noch zeigen.
All das trägt dazu bei, dass Vettel die Hoffnung hat, mit seinem neuen Arbeitgeber - dem fünften seiner Formel-1-Karriere nach BMW-Sauber (Debüt 2007), Toro Rosso (2007-2008), Red Bull (2009-2014) sowie Ferrari (2015-2020) - wieder an alte Erfolge anknüpfen zu können. "Für mich stellt das ein ganz neues Abenteuer mit einer wirklich legendären Marke dar", wurde Vettel im offiziellen Statement des Rennstalls zitiert. "Ich bin beeindruckt von den Erfolgen in diesem Jahr und davon überzeugt, dass es in Zukunft sogar noch besser laufen wird. Meine Liebe zur Formel 1 ist immer noch groß und meine einzige Motivation liegt im Kampf um die vorderen Plätze."
spiegel
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