Der neue Star von rechts

  23 September 2020    Gelesen: 603
Der neue Star von rechts

Giorgia Meloni führt die rechte Partei Fratelli d'Italia und stellt für den Lega-Chef Salvini zunehmend eine Bedrohung dar. Während seine Kandidatin in der Toskana verliert, legt ihre Partei weiter zu.

Gestern war für den Chef der rechtspopulistischen Partei Lega wieder kein guter Tag. Zwar wusste Matteo Salvini wahrscheinlich selbst, dass es seinem Mitte-Rechts-Bündnis nicht gelingen würde, bei den Wahlen am Sonntag und Montag alle sieben Regionen zu erobern. Ihm hätte aber wahrscheinlich schon der Sieg der Lega-Kandidatin in der Toskana genügt. Doch daraus wurde nichts. Gesiegt hat mit knapp 49 Prozent der Mitte-Links Kandidat Eugenio Giani.

Salvini versuchte, die Niederlage herunterzuspielen, das Mitte-Rechts-Bündnis stelle immerhin die Mehrheit in Italien dar, hob er in einer Pressekonferenz hervor: "Wir regieren in 15 der 20 italienischen Regionen." Außerdem wurde im Veneto der Lega-Spitzenkandidat Luca Zaia mit 76,8 Prozent wiedergewählt. Und auch die Wahlen in Ligurien sorgten für keine unangenehme Überraschung: Der vom Rechtsbündnis aus Lega, Fratelli d'Italia und Forza Italia unterstützte Giovanni Toti wurde mit 56,13 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.

Und doch scheint das politische Glück den Lega-Chef zu verlassen. Zwar bleibt die Lega laut Umfragen mit 25 Prozent noch immer die stärkste Partei in Italien. Seit den Wahlen zum Europaparlament im Mai 2020 hat sie damit allerdings mehr als 9 Prozentpunkte verloren. Diese Entwicklung muss Salvini sich zum Großteil selbst zuschreiben: Seine abrupte Kündigung der Regierungskoalition mit den Fünf-Sternen im August vorigen Jahres hat ihm das Image eines unberechenbaren Politikers eingebracht.

Im Rechtsbündnis verschieben sich die Gewichte derzeit zugunsten der nationalistischen Fratelli d'Italia (FdI). Das liegt vor allem an der 43-jährigen Giorgia Meloni, der Vorsitzenden der "Brüder Italiens". Sie ist Salvinis gefährlichste Konkurrentin. Von Wahl zu Wahl wächst ihre Partei auf Kosten der Lega: Bei den Europawahlen kam sie noch auf 6,5 Prozent der Stimmen, jetzt liegt sie in den Umfragen bei 14,2 Prozent. Ein Zuwachs, der auch bei den Regionalwahlen bestätigt wurde: In Apulien liegt die Partei mit 13,3 Prozent der Stimmen sogar vor der Lega. Und nicht nur das, Franceso Acquaroli, der FdI-Spitzenkandidat in den Marken, hat mit 49,13 Prozent der Stimmen gewonnen und die seit 25 Jahren regierenden "Roten" nach Hause geschickt. Kein Wunder, dass Meloni Salvini ein Dorn im Auge ist.

Seit sechs Jahren führt die zierliche, gerade einmal 1,63 Meter große Frau mit festem Griff die Partei, in der auch viele ehemalige Mitglieder des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano ein Zuhause gefunden haben. Davor war Meloni, von 2008 bis 2011, Jugend- und Sportministerin in der Regierung von Silvio Berlusconi, dem ewigen Chef von Forza Italia. Vaterland, Familie, christliches Abendland, das sind ihre Themen. Was sich überholt anhört, wird bei ihr zum Hit. Im wahrsten Sinne des Wortes: Eine Band hat von einer ihrer Reden das Remix "Io sono Giorgia" gemacht und ins Netz gestellt. Die Begeisterung war groß. Sie ist konservativ, aber nicht spießig, hat eine kleine Tochter und einen Lebensgefährten, mit dem sie nicht verheiratet ist.

Anders als Salvini, der Russland gewogen ist, unterhält Meloni enge Kontakte zu den Rechtskonservativen in den USA. Donald Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon sagte einst, sie sei das "rationale Gesicht des Rechtspopulismus". Zwar kann auch sie sich heiser brüllen, wenn sie gegen die EU und den Euro wettert. Doch passt sie den richtigen Moment ab, lässt sich anders als Salvini nicht vom Instinkt treiben. So hielt sie es auch am Anfang der Pandemie. Erst als die Ausgangssperre gelockert wurde, meldete sie sich zu Wort und protestierte gegen die von Premier Giuseppe Conte beschlossenen Hilfspakete.

Das Gefühl für das richtige Timing hat sie wahrscheinlich schon früh gelernt. Aufgewachsen ist sie im römischen Arbeiterviertel Garbatella. "Ich, eine Frau und noch dazu im falschen Lager, das war kein Honigschlecken", sagte sie mal in einem Interview. Vom Faschismus hat sie sich nie klar distanziert. Sie habe ein "entspanntes Verhältnis" dazu, was immer das bedeuten mag.

Zwar ist auch sie gegen Migranten, doch da schon Salvini dieses Terrain beackert, befasst sie sich lieber mit Themen wie Infrastrukturen, Kleinunternehmen, Handwerkern, italienischen natürlich. Sie will als gewissenhafte und seriöse Politikerin wahrgenommen werden. Mit Rosenkranz und Heiligenbildern, wie Salvini es macht, würde sie sich nicht auf eine Bühne stellen. Noch ist nicht abzusehen, wie weit Meloni es mit ihrer politischen Karriere bringt. Interessant ist immerhin, dass Salvini es mit seinen Neuwahlplänen im Moment nicht mehr so eilig hat.

Quelle: ntv.de


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